Eine Diskussion über Antimilitarismus, Pazifismus, die Legitimität von revolutionärer Gewalt und die Rolle von Christ*innen im Kampf für eine andere Welt
Mit: Cristina Yurena Zerr und Jakob Frühmann, Autor*innen des Buches Brot und Gesetze brechen, Christlicher Antimilitarismus aus der Anklagebank (Mandelbaum-Verlag, Wien 2021) und Benedikt Kern und Julia Lis vom Institut für Theologie und Politik. Veröffentlicht am 11.03.2023.

Benedikt Kern: In eurem Buch „Brot und Gesetze brechen“ bezieht ihr euch auf die antimilitaristische Praxis von Christ*innen in der Pflugschar- und Catholic Worker-Bewegung. Diese Aktionen der Besetzung von Militärstützpunkten bis hin zu Sabotageaktionen und deren Erklärung vor Gerichten werden in eurem Buch auch als mystische Praxis und Bekenntnis beschrieben. Wie stehen hier aus eurer Sicht Mystik und Politik im Verhältnis zueinander? Steckt nicht in christlich-friedensbewegten Interventionen die Tendenz, dass es viel um Bekenntnis geht und wenig um Sabotage, die wirklich eine Unterbrechung des militaristischen Normalzustandes ist?
Jakob Frühmann: Ja, das stimmt teilweise. Wir haben uns auch die Frage nach der Effektivität solcher Aktionen, die teilweise starke Symbolkraft haben, aber nur sehr kleine materielle oder politische Auswirkungen, gestellt. Gleichzeitig ist es vielleicht auch wichtig, bei aller Verwegenheit und revolutionärer Sehnsucht bescheiden oder demütig zu bleiben und festzustellen: Radikal Position zu beziehen ist ein Anfang und schon schwer genug. Wer von uns traut sich auf eine Militärbasis einzubrechen? Was, wenn alle Christ:innen dieser Welt auch nur einen Bruchteil der christlichen Ethik ernst und ein paar Wochen Knast aufgrund ihres antimilitaristischen Zeugnisses auf sich nähmen? „Militarisierung und Aufrüstung sind ein Komplex, dem zu begegnen verlernt wurde“ weiterlesen




Angesichts der populär gewordenen Rede von der Zeitenwende sehen wir, dass die verbreitete Zustimmung zu dem, dass die Welt in den Modus der Katastrophe übergegangen zu sein scheint, paradoxerweise die politischen und ökonomischen Verhältnisse hierzulande geradezu stabilisiert: Die neue Zeit, die da kommt – so die Interpretation der Herrschenden – wird eine sein, in der wir von immer mehr Bedrohungen umgeben sind und somit auf Militär und Sicherheit setzen sollen sowie eine in der die Investition in neue Technologien unseren Lebensstandard sichert und die ökologische Krise abfedert. Sicherheit bedeutet in solchen Zeiten dann eben auch Repression gegen all jene, die sich dem politischen Kurs der Herrschenden nicht einfach fügen, sondern die Notwendigkeit von Protest und Widerstand erkennen, wie etwa momentan am Umgang mit den KlimaaktivistInnen von „Last Generation“ deutlich wird.
Wer an menschenrechtlichen Standards festhalten möchte, wie es etwa das Grundrechtekomitee in seinem
Die Klimakatastrophe, der Abschied von der Vorstellung einer Welt ohne Kriege und jetzt schon Hunderte von kriegerischen Konflikten um Rohstoffe – von Öl über seltene Erden bis hin zu Wasser – verdunkeln die Zukunft. Das «Weiter-So» wird nicht wirklich in Frage gestellt wird. Können uns Überlegungen des jüdischen Philosophen Walter Benjamins (1892-1940) eine Antwort auf die zwanghaften und scheinbar aussichtslosen und in die Katastrophe laufenden kapitalistischen Prinzipien bereithalten?
Die Schule brennt. Sie brennt lichterloh und verbrennt dabei die Hoffnungen und Träume von Kindern und jungen Menschen genauso wie die derjenigen, die angetreten sind, der nächsten Generation dabei zu helfen, sich zu bilden. Aus dem brennenden Gebäude stürzen Lehrende wie Lernende. Sie sind »ausgebrannt« und tragen kein »Feuer« mehr in sich. Was tun mit diesem brennenden Haus? Löschen wir es? Zündeln wir noch nach? Oder suchen wir nach der Brandursache? Wollen wir sie überhaupt finden? Was tun wir, wenn wir sie finden?
Im Mandelbaum-Verlag ist nun das von Martin Birkner herausgegebene Buch