Alle Beiträge von

Benjamin und die Hexe

Feministische Geschichte und Fortschrittskritik – Walter Benjamin und Silvia Federici

Seminar am Samstag, 12. März 2022, 10.00 – 18.00 Uhr/ Sonntag, 13. März 2022, 10.00 bis 13.00 Uhr

im Institut für Theologie und Politik, Friedrich-Ebert-Str. 7, 48153 Münster

Das Staunen darüber, daß die Dinge, die wir erleben, im zwanzigsten Jahrhundert „noch“ möglich sind, ist kein philosophisches. Es steht nicht am Anfang einer Erkenntnis, es sei denn der, daß die Vorstellung von Geschichte, aus der es stammt, nicht zu halten ist.“ (Benjamin 2015: 84, achte These)

Auch im einundzwanzigsten Jahrhundert staunen wir noch, ob der Geschehnisse, die (uns) passieren. Pandemie, Erstarken der Rechten, Klimakrise, Feminizide… wie ist das möglich, obwohl wir es doch besser wissen müssten?
Kapitalismus und Patriarchat lauten die einschlägigen Antworten. Mit Benjamin lässt sich die Frage noch anders beantworten: Geschichte und Fortschritt ermöglichen diese Katastrophen. Was genau meint er damit? Und was hat das mit materialistischem Feminismus zu tun?

„Vergangenes historisch artikulieren heißt nicht, es erkennen ‚wie es denn eigentlich gewesen ist‘. Es heißt, sich einer Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt“, schreibt Benjamin in den geschichtsphilosophischen Thesen. (Benjamin 2015: 81, sechste These)

Silvia Federici macht genau das, in ihrer Geschichte der Hexenverbrennungen. Sie schreibt nicht „wie es denn eigentlich gewesen ist“, sondern wie sie die Hexen und die Jagd auf sie erinnert: Benjamin und die Hexe weiterlesen

Hearings Sozialer Bewegungen vor der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen

Bei der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) werden im September 2022 in Karlsruhe Delegierte und internationale Gäste unter dem Thema „Die Liebe Christi bewegt die Welt zu Versöhnung und Einheit“ zusammenkommen. Angesichts des Zustands der Welt und auch der Kirchen werden wir mit anderen Basisinitiativen diese Gelegenheit nutzen, unser Verständnis von Frieden und Gerechtigkeit an dieses Treffen heranzutragen. Hierfür soll es das basis-ökumenische Zentrum Casa Común in Karlsruhe geben.
Aus unserer Sicht erscheint es sehr wichtig, Gespräch mit den sozialen Bewegungen weltweit zu suchen, die schon lange an diversen gesellschaftlichen Problemkonstellationen mit großer Ernsthaftigkeit und Dissidenz zu den herrschenden Verhältnissen arbeiten, und von denen sich die meisten großkirchlichen Akteure schon längst verabschiedet haben. Auch wenn Papst Franziskus im Oktober noch zu einem Welttreffen der Sozialen Bewegungen eingeladen hatte, an dem wir vom ITP ebenfalls teilgenommen haben.
Mit Blick auf die Vollversammlung des ÖRK und die Casa Común möchten wir zwischen März und Juni 2022 neben anderen Aktionen, Veranstaltungen und Kampagnen drei Hearings mit VertreterInnen solcher sozialen Bewegungen organisieren.
Hearings Sozialer Bewegungen vor der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen weiterlesen

Theologie der Befreiung: Geschichte eines Konfliktes

50 Jahre ist es her, dass Gustavo Gutiérrez das für die lateinamerikanische Befreiungstheologie richtungsweisende Buch „Theologie der Befreiung“ veröffentlicht hat.

Dies war zwar keinesfalls die Entstehung der Befreiungstheologie, doch seit dem gibt es eine Auseinandersetzung um die „harte“ und „weiche“ Rezeption dieser Theologie, die auf die Umwälzung der Verhältnisse ausgerichtet ist. Bis heute gibt es ein Ringen um ein befreiendes Christentum, um seine Verwässerung und seinen Relevanzverlust. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, in unserer international besetzten Online-Veranstaltung zu fragen, woher kam die Befreiungstheologie, was macht(e) sie aus und welche Wirkungsgeschichte hat sie bis heute und welche Konflikte um die Rezeption ergeben sich daraus?

Mit: Alberto Moreira (Brasilien), Maria Klemm (Schweiz), Pilar Puertas (Mexiko, ITP), Michael Ramminger (ITP), Hernan Leemrijse (Chile).

Alberto Moreira hat folgende Powerpointpräsentation zur Verfügung gestellt: Zur Geschichte der lateinamerikanischen Befreiungstheologie_Alberto Moreira

Mittwoch, 1. Dezember 2021 um 19.00-21.00 Uhr

ITP-Rundbrief Nr. 55

Die 55. Ausgabe unseres Rundbriefes ist erschienen mit Beiträgen u.a. zu den Themen: 50 Jahre Befreiungstheologie, prophetische Intervention für eine Ökumene von unten, zur Sozialistin und Religionspädagogin Marie Veit und zur aktuellen politischen Situation in Chile.

Der Rundbrief-55 ist hier downloadbar und kann gedruckt gerne kostenfrei bei uns bestellt werden, auch um ihn an Interessierte weiterzugeben oder ihn auszulegen in Gemeinden, an der Uni und an anderen Orten.

In der Tradition einer Benjamin’schen „Geschichte des Weiblichen“ – Silvia Federicis Hexe als Engel der Geschichte

­Artikel von Charlotte Cremer, Berlin

Walter Benjamin könnte seinerseits für uns zum Engel der Geschichte werden“, aber zu einem noch einmal erneuerten, der uns lehrt, sich aus der Starre kapitalistischer Zerstörung zu befreien“, schreiben Kuno Füssel und Michael Ramminger in ihren einleitenden Worten zum kürzlich herausgegebenen Sammelband (Füssel/Ramminger 2021:9). Auch aus feministischer Perspektive lohnt es sich, das sprengende Potenzial der benjaminschen Tradition für das Gegenwärtige zu nutzen. In der Tradition einer Benjamin’schen „Geschichte des Weiblichen“ – Silvia Federicis Hexe als Engel der Geschichte weiterlesen

Neuerscheinung: Kuno Füssels gesammelte Schriften in sieben Bänden

Mit welchem Recht kann Theologie beanspruchen, eine Wissenschaft zu sein? Hat Religion notwendig Ideologiecharakter, oder trifft dies nur auf ihre bürgerliche Form zu? Gibt es einen eigenständigen, religiösen Sprachgebrauch? Welchem Theorietyp lässt sich Theologie zuordnen? Kann es eine produktive Annäherung zwischen Theologie und Historischem Materialismus geben?

Diese und viele weitere Fragen sind Ausgangspunkte des umfassenden Werkes in sieben Bänden zu materialistischer Bibellektüre, Religionskritik, Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie, Befreiungstheologie und Politischer Theologie, Marxismus und linker Theorie – allesamt gesammelte Texte des Theologen Kuno Füssels, herausgegeben zu seinem 80. Geburtstag. Neuerscheinung: Kuno Füssels gesammelte Schriften in sieben Bänden weiterlesen

Rechte Normalisierung und politische Theologie. Eine Standortbestimmung

Neuerscheinung des Arbeitskreises Politische Theologie

Das Buch kann bei uns bestellt werden.

Drohen rechte Positionen „normal“ zu werden in der Gesellschaft? Ausgangspunkt für eine Antwort ist eine sozialwissenschaftliche Analyse rechter Positionen und ihres gesellschaftlichen Kontextes. An welche Diskurse und gesellschaftlichen Entwicklungen schließen diese an? Wie tragen sie dazu bei, nationalistisch-völkische, antifeministische und antidemokratische Positionen zu etablieren? Die theologischen Reflexionen dieses Bandes sehen die Frage nach dem Umgang mit der „rechten Normalisierung“ nicht bloß als eine pragmatische, sondern als eine genuin theologische: Kann eine politische Theologie hier gegensteuern? Welche theologischen Kriterien lassen sich im Rahmen einer Theologie des Reiches Gottes gewinnen? Können sich die Kirchen als neutrale Räume der Begegnung unterschiedlicher Positionen verstehen? Wo braucht es ihre Parteilichkeit und prophetische Unterbrechungen? Rechte Normalisierung und politische Theologie. Eine Standortbestimmung weiterlesen

Hoffend denken lernen – Für eine emanzipatorische Bildung

Workshop am 12.-14. November 2021 

im Haus Wasserburg (Vallendar, bei Koblenz)

Während der Coronapandemie wurden viele gesellschaftliche Probleme wie durch ein Brennglas sichtbar, so auch die Krise in der Bildung. Wir möchten in unserem Workshop einen genaueren Blick auf diese Bildungskrise werfen, eine Krise, die laut breitem gesellschaftlichen Konsens durch Digitalisierung gelöst werden kann. Von welcher Bildung sprechen wir eigentlich? An diesem Wochenende wollen wir ausgehend von unterschiedlichen Konzepten einen kritischen Bildungsbegriff entwickeln. Hoffend denken lernen – Für eine emanzipatorische Bildung weiterlesen

Messianische Hoffnung an der Tagebaukante

Impuls von Julia Lis (ITP) zu Jes 9, 1-6 beim Gottesdienst mit einer internationalen Delegation von Arbeitergeschwistern am 03. September 2021 in Lützerath am Tagebau Garzweiler

Regelmäßig finden Dorspaziergänge und Gottesdienste der Initiative "Die Kirche(n) im Dorf lassen"an der Tagebaukante und in den bedrohten Dörfern statt. Foto: Barbara Schnell

Regelmäßig finden Dorspaziergänge und Gottesdienste der Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ an der Tagebaukante und in den bedrohten Dörfern statt. Foto: Barbara Schnell

Der Text Jesaja 9, 1-6 ist ein adventlicher Text: die prophetische Verheißung der Ankunft eines Messias, mit der die Hoffnung auf neue Zeiten verknüpft ist: auf eine Herrschaftsform, die nicht mehr auf Ausbeutung, Ungleichheit und Ungerechtigkeit beruht, sondern auf Recht und Gerechtigkeit. Die Hoffnung auf solche neuen, anderen Zeiten, in denen das Recht nicht mehr die Profite der wenigen schützt, sondern Gerechtigkeit für alle schafft und fördert, verbindet uns heute mit den Menschen, die zur Zeiten des Propheten Jesaja lebten und Knechtschaft, Ausbeutung, den Terror der Militärs sowie Unterdrückung und Ungleichheit aus ihrer eigenen Alltagserfahrung kannten. Hier, in Lützerath, am Rande der Grube, mitten im Rheinischen Braunkohlerevier wo die Zerstörung so alltäglich, so sichtbar und spürbar ist und uns immer wieder verzweifeln lässt, spüren wir auch die Kraft dieser Sehnsucht danach, dass doch alles anders sein könnte: dass hier in den Dörfern die Häuser und Kirchen doch noch stehen bleiben, dass hier neues Leben einzieht, dass wir nicht einfach die Klimakatastrophe immer weiter vorantreiben, sondern dass eine Umkehr möglich wird, mit der eine radikale, d.h. von der Wurzel her gedachte Veränderung unserer ökonomischen und politischen Strukturen, aber auch unserer Kultur, unserer Beziehungen zueinander uns unserer Lebensweisen einhergeht. Messianische Hoffnung an der Tagebaukante weiterlesen

Marie Veits Werk in zwei Bänden

Marie Veit (1921-2004): Bibelwissenschaftlerin, Religionspädagogin, Sozialistin

Sie war 25 Jahre Lehrerin vor allem für Evangelische Religion an einem Mädchen-Gymnasium in Köln, 18 Jahre Professorin für Didaktik des Evangelischen Religionsunterrichtes an der Universität Gießen, Mitbegründerin des Politischen Nachtgebetes in Köln und der deutschen und niederländischen Sektion der Christen für den Sozialismus. Lebenslang war Marie Veit engagiert in christlichen Gruppen und Initiativen und in ihrer evangelischen Kirchengemeinde und der rheinischen Landeskirche sowie in unterschiedlichen linken Parteien. Ökumene und der Einsatz für eine sozialistische Alternative waren ihr ein Herzensanliegen.

Im ersten Band Gottes und der Menschen Genossin werden Stationen ihrer Biographie geschildert, er bietet eine komplette Werkbiographie und schließt mit Kapiteln zu Grundzügen der Theologie Marie Veits und einem biographischen Porträt. Am Beispiel einer auf Versöhnung bedachten streitbaren Theologin und Religionspädagogin wird so auch ein Stück Zeit- und Theologiegeschichte des 20. Jahrhunderts deutlich.
Das Geleitwort hat Fulbert Steffensky geschrieben, ein Mitstreiter und Mitglied des Freundeskreises von Marie Veit.

Der zweite Band enthält 41 Texte Marie Veits aus den Jahren 1972 bis 2000: Predigten und Meditationen, wissenschaftliche Aufsätze sowie Vortragsmanuskripte. Darunter finden sich auch fünf bisher unveröffentlichte Arbeiten. Die Texte sind chronologisch geordnet, sodass zeitgeschichtliche Zusammenhänge zwischen Texten unterschiedlicher Gattungen deutlich werden. Gemeinsam mit dem ersten Band zu Marie Veit – einer ausführlichen Werkbiographie und einer kompletten Bibliographie der Texte M. Veits – kann nun das Werk dieser bedeutenden Theologin, Religionspädagogin und Sozialistin neu erschlossen und gewürdigt werden. Marie Veits Werk in zwei Bänden weiterlesen