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Karfreitag am Abgrund

Predigt von Cornelia Senne, ev. Theologin, im Gottesdienst von „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ in Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier

Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Mt 27,46)

So klagte Jesus am Kreuz. Er war gefangen genommen, brutal gefoltert und gedemütigt worden. Er wurde ans Kreuz geschlagen, er hatte den sicheren Tod vor Augen. Kein „gnädiger“ Tod, sondern langsam, voller Schmerz und Leid.

Die christliche Tradition verehrt Jesus als Sohn Gottes, der um sein Schicksal wusste – und es freiwillig annahm. Aber selbst er fühlte sich in diesem Moment der größten Qual von Gott verlassen – einsam und hilflos. 

Um wieviel mehr müssen wir Menschen uns von Gott verlassen fühlen, wenn wir angesichts einer Bedrohung verzweifeln – so wie wir es eingangs im Ps 22 hörten. Ein Mensch sieht sich umringt von Menschen, die ihm Böses wollen – und er hat nicht die Macht, dies zu ändern, es zu verhindern.

Heute, an Karfreitag, stehen wir wieder in Lützerath. Ein großer Teil des Dorfes steht nicht mehr, wurde zerstört und in eine Ödnis verwandelt – ebenso wie die angrenzende Landschaft bis hin zur Grubenkante. Dahinter gibt es nur noch das gewaltige Loch. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit standen hier noch Häuser, die große Walnuss und andere Bäume und Pflanzen. Die Bagger von RWE haben aus einem lebendigen Ort und aus fruchtbarer Erde ein gottverlassenes Grauen gemacht – wer Tolkin kennt, denkt direkt an Mordor, das lebensfeindlichen Dunkelland, in dem allein das Böse regiert. Karfreitag am Abgrund weiterlesen

Fastenimpuls VI

Unsere Fastenimpulse drehen sich um das Thema Körper und Auferstehung. Für die Karwoche stellt Julia Lis ausgehend von Walter Benjamin die Frage nach der Möglichkeit von Auferstehung aus der Wiederkehr des immer Gleichen im Kapitalismus.

Er ist abrufbar unter: Sechster Fastenimpuls_Julia Lis

Kapitalismus: Kult einer tödlichen Verschuldung. Walter Benjamins prophetisches Erbe

Als Startschuss für unseren diesjährigen inhaltlichen Schwerpunkt zu Walter Benjamins Fragment „Kapitalismus als Religion“ (verfasst 1921 vor hundert Jahren), haben wir nun einen internationalen Sammelband herausgegeben.

Benjamins Fragment gelangte seitdem nicht nur zu einer großen Berühmtheit, sondern gewann auch an Aktualität immer mehr dazu. Die hier anlässlich dieses Jubiläums versammelten Beiträge versuchen, den von Walter Benjamin mit seinem Text durch das komplexe Universum der kapitalistischen Moderne geöffneten Bahnen zu folgen. Die internationalen AutorInnen verknüpfen Benjamins Thesen mit befreiungstheologischen Perspektiven und stellen davon ausgehend die Frage nach einer möglichen Form der Vergesellschaftung jenseits des Kapitalismus. Kapitalismus: Kult einer tödlichen Verschuldung. Walter Benjamins prophetisches Erbe weiterlesen

Rezension zu „Künstliche Intelligenz oder kritische Vernunft“

In der Zeitschrift „rabs – religionsunterricht an berufsbildenden schulen – 3/2020“ ist eine Rezension von Stefan Lemmermeier zu unserem kürzlich veröffentlichten Buch „Künstliche Intelligenz oder kritische Vernunft“ erschienen.

Künstliche Intelligenz oder kritische Vernunft – Wie Denken und Lernen durch die Digitalisierung grundlegend verändert werden

aus: rabs – religionsunterricht an berufsbildenden schulen – 3/2020, S. 28

Stefan Lemmermeier

„Im Silicon Valley, im Herzen des digitalen Kapitalismus, gibt es Schulen, die völlig ohne Digitalisierung auskommen – und auf diese Schulen schicken die Manager und CEOs der großen Konzerne ihre Kinder.“ (S. 26)

Gleich vorneweg: Rezension zu „Künstliche Intelligenz oder kritische Vernunft“ weiterlesen

Pressemitteilung: Kriminalisierung des Kirchenasyls

+++Pressemitteilung des Instituts für Theologie und Politik Münster, 5. August 2020+++

Kriminalisierung des Kirchenasyls_Pressemitteilung ITP_05_08_2020

Kriminalisierung des Kirchenasyls

Äbtissin Mutter Mechthild Thürmer braucht dringend kirchliche Rückendeckung für ihre Menschenrechtspraxis

Münster. Äbtissin Mutter Mechthild Thürmer aus der bayerischen Benediktinerinnenabtei Maria Frieden wird wegen der Gewährung von Kirchenasyl derzeit massiv unter Druck gesetzt und das Amtsgericht Bamberg droht ihr mit einer Gefängnisstrafe (Domradio berichtet). Von kirchlicher Seite gibt es bisher leider nur wenig Stimmen, die sich hinter Mutter Mechthild stellen und das Instrument des Kirchenasyls öffentlich verteidigen. So äußerte sich bereits Kurienkardinal Michael Czerny lobend über das Verhalten von Mutter Mechthild (katholisch.de vom 31.7.20). Auch der Leiter des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes, Pater Claus Pfuff, stellte sich hinter Mutter Mechthild und hat gewünscht, dass auch von offizieller Seite in den Kirchen deutliche Worte zu diesem Fall kommen müssten, da es sich hier um eine neue Eskalationsstufe staatlicherseits handle. Pressemitteilung: Kriminalisierung des Kirchenasyls weiterlesen

Neu erschienen: Hoffnung praktisch werden lassen

„Hoffnung praktisch werden lassen. Befreiungstheologische Interventionen“ ist als Best-Of der Rundbrieftexte des Instituts für Theologie und Politik ein Kompendium von 26 Jahren befreiungstheologischen Denkens. Die Auswahl zeigt die Entwicklung, die Brüche und die Kontiuitäten der Befreiungstheologie seit 1994 bis heute.

 

Christliche Existenz bedeutet, Hoffnung praktisch werden zu lassen. Sie bedeutet, der Hoffnung auf den Gott der Lebenden und der Toten Konsequenzen folgen zu lassen. Christliche Theologie ließe sich entsprechend als eine „Apologie der Hoffnung“ charakterisieren. Eine solche Theologie reflektiert nicht nur die christlichen Begriffe, Motivationen oder Handlungsweisen, sondern sie formuliert eine konkrete Hoffnung sowie den Grund dieser Hoffnung in eine Situation hinein, die von Leiden, Kämpfen und Widersprüchen geprägt ist. Sie weist auf die Möglichkeit der vermeintlichen Unmöglichkeit hin, auf die bereits geschehenen und die noch einlösbaren Unterbrechungen.

Mit Beiträgen von Norbert Arntz, Fernando Castillo, Nancy Cardoso Pereira, Kuno Füssel, Franz Hinkelammert, Barbara Imholz, Michael Ramminger, Jon Sobrino, Paulo Suess, Elsa Tamez u.a.

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In Memoriam Professor Heinrich Fink

Der ehemalige Rektor der Humboldt-Universität in Berlin, Heinrich Fink, ist am 1. Juli 2020 nach kurzer Krankheit im engeren Kreis seiner Familie in Berlin gestorben.

Wir haben einen nahen Freund, bekennenden Christen, anerkannten Wissenschaftler und mutigen Antifaschisten verloren. Die Nachrufe werden sich lange reihen und auf die vielen Ebenen eines erfüllten und beispielhaften Lebens eingehen. Gerade deswegen dürfen wir vom Institut für Theologie und Politik in Münster uns darauf beschränken, kurz drei für uns wesentliche Aspekte hervorzuheben: a) Seine lebenslange Präsenz als liebenswürdiger und charmanter Gastgeber, privat wie auch als Vertreter von Institutionen und Moderator von Veranstaltungen; b) sein vorbildliches Zeugnis als bekennender Christ und kluger, weitblickender Theologe, der die versöhnende und befreiende Kraft des Evangeliums als Basis gesellschaftlichen Handelns einforderte ; c) sein in der Tradition der Barmer Erklärung und der bekennenden Kirche stehender überzeugender und wortmächtiger Antifaschismus. In Memoriam Professor Heinrich Fink weiterlesen

Neu erschienen: Ereignis, Freiheit, Transzendenz mit Alain Badiou

Im Edition ITP-Kompass haben Philipp Geitzhaus und Michael Ramminger das Buch „Ereignis, Freiheit, Transzendenz. Auseinandersetzungen mit Alain Badiou“ herausgegeben.

„Was ist die Gestalt unserer Welt? Auf der einen Seite haben wir die ständige Erweiterung der Automatismen des Kapitals, mit der sich die brilliante Vorhersage von Marx erfüllt hat: die Konfiguration der Welt als Weltmarkt. Es ist eine Gestalt der abstrakten Homogenisierung. … Auf der anderen Seite haben wir einen Prozess der Fragmentierung in geschlossene Identitäten.“ So eröffnet Alain Badiou seinen Beitrag in diesem Buch. In dieser Welt an der Möglichkeit von Wahrheit, Universalität und der Rede vom Subjekt festzuhalten, ist eine Kampfansage an die Beliebigkeit, an die Resignation vor der Möglichkeit vom „wahren Leben“ sprechen zu können, wie Badiou zustimmend Rimbaud zitiert.

Die in diesem Buch Versammelten sind über die Interpretation zu „Paulus als dem Begründer des Universalismus“ auf den atheistischen Genossen Alain Badiou gestoßen. Aus ganz unterschiedlichen Denktraditionen kommend, beschäftigen sie sich mit den philosophischen und theologischen, also theoretischen Voraussetzungen von Möglichkeiten emanzipatorischer Politik. Mit den Worten Badious: mit der Möglichkeit, AktivistInnen der Wahrheit zu werden.

Mit Alain Badiou, Michael Ramminger, Philipp Geitzhaus, Thomas Rudhof-Seibert, Andreas Hellgermann, Kuno Füssel und Julia Lis.

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Petition: Kirche im Dorf lassen

Keine Entwidmung der Kirchen in der Rheinischen Braunkohleregion

Petition gestartet

Die Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“, in der wir als ITP mitarbeiten, reagiert nun mit einer Unterschriften-Petition auf die zunehmende Bedrohung der Dörfer am Rand des Tagebau Garzweiler durch den Braunkohleabbau. Der Braunkohlebagger steht 200 m vor Erkelenz-Keyenberg und RWE nutzt die Corona-Krise, um weiter Fakten zu schaffen, indem der Abriss der Dörfer vorangetrieben wird. Gerade in dieser Situation brauchen Menschen die Kirche an ihrer Seite. Aber die Kirchen von Keyenberg und Kuckum sowie die Kapelle in Berverath wurden bereits an RWE verkauft. Dies geschah gegen den erklärten Willen Tausender, die den Erhalt der Kirchen wollten. Jetzt drohen Schließung, Entwidmung und Abriss. Petition: Kirche im Dorf lassen weiterlesen