Erklärung: Kirchenasyl angesichts der Verschärfung der Abschiebungspraxis

„Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen“ (Mt 25)

Das Netzwerk Kirchenasyl Münster und die Kirchenasyl-Akteur:innen im Münsterland beobachten mit Sorge die aktuellen staatlichen Bemühungen, die Abschiebepraxis durch den Abbau von rechtsstaatlichen Prinzipien weiter zu beschleunigen. Die Gesetzesverschärfungen sind eine massive Entrechtung: So sollen in Zukunft „ausreisepflichtige“ Personen ohne Haftgrund in Sicherungshaft genommen werden, Abschiebungshaft kann bis zu 6 Monaten angeordnet werden, als seien Geflüchtete generell eine Gefahr für die öffentliche Ordnung. In Zukunft sollen die Behörden sogar ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss zur Nachtzeit Wohnungen auch Dritter betreten dürfen, um dort nach abzuschiebenden Geflüchteten zu suchen. Auch Ankündigungen der Abschiebungen sollen entfallen, was die enorme psychische Belastung der geflüchteten Menschen nur weiter vorantreibt. Wir halten diese aktuellen Verschärfungen für inakzeptabel.
Schon jetzt ist die Zahl der Abschiebungen aus NRW sehr hoch und aus den Landesunterkünften werden jede Nacht Menschen abgeschoben in die Perspektivlosigkeit. Dies bedeutet aus unserer Sicht eine staatliche Billigung inhumaner Härten für Geflüchtete.

Abschiebungen von Geflüchteten sind gewaltförmig. Im Rahmen der Dublin-Verordnung finden diese Abschiebungen auch im Regierungsbezirk Münster alltäglich statt. Das Asyl in der Kirche ist oftmals die einzige Möglichkeit, den Betroffenen eine Perspektive zu eröffnen. Deshalb ist das Kirchenasyl so wichtig und steht voll in der biblischen Aufforderung gut für die Fremden zu sorgen (Ex 23), den Hungrigen das Brot zu brechen (Jes 58) und jederzeit Gastfreundschaft zu bieten (Röm 12). Im Münsterland gibt es einige mutige Gemeinden, die den Abschiebungen ihre solidarische Gastfreundschaft entgegensetzen. Derzeit sind es rund 25 Kirchenasyle im Münsterland, rund 150 in ganz NRW. Kirchenasyl ist also ein wirksamer Menschenrechtsschutz aufgrund der alltäglichen Gewalt durch Abschiebungen und zur Durchsetzung der Autonomie der Betroffenen. Zugleich sind weit mehr Kirchenasyle erforderlich.

Jetzt ist die Zeit der Entscheidung für christliche Solidarität und Humanität, um der Abschiebungsdebatte konkret und prophetisch etwas entgegenzusetzen.

• Wir rufen deshalb weitere Kirchengemeinden im Münsterland auf, Partei zu ergreifen für die von Abschiebungen betroffenen geflüchteten Menschen!
• Wir rufen die verantwortlichen Gremien in den Kirchengemeinden im Münsterland auf, die Türen zu öffnen und bedrohte Geflüchtete aufzunehmen und sie zu schützen im Kirchenasyl! Vom Netzwerk Kirchenasyl Münster bekommen sie dazu alle notwendige Unterstützung.
• Wir rufen die Kirchengemeinden im Münsterland auf, Kirchenasyl gewährenden Gemeinden den Rücken zu stärken.

Münster, den 10.11.2023
Diese Erklärung wurde verabschiedet bei der Vernetzung von Kirchenasyl-Akteur:innen aus dem Münsterland.