WSF: Sit-In am FRONTEX-Büro und Versammlung der sozialen Bewegungen

 

 

Gestern vormittag (am 10.2.) fand, organisiert vom Netzwerk Afrique-Europe-Interact, eine Demonstration und ein Sit-In gegen das FRONTEX-Büro in Dakar statt. Ca. 1000 Menschen beteiligten sich, die Polizei hielt sich zurück. Parolen wie „Nieder mit FRONTEX“, „Solidarität mit den Sans-Papiers“ und „Für eine Welt ohne Grenzen“ bestimmten die Demo. Ein langes Transparent mit den Namen von mehr als 14.000 Toten an den EU-Außengrenzen wurde mitgetragen. Auf dem Platz vor dem Millennium-Gate, neben dem sich in einem Polizeigebäude das FRONTEX-Büro befindet, fand ein Sit-In statt und in mehreren Redebeiträge wurde die militaristische EU-Politik in ihrem Zusammenhang mit Kapitalismus und utilitaristischer Migrationspolitik thematisiert.

 

Am Nachmittag trafen sich verschiedene Versammlungen auf dem Weltsozialforum, z. B. die Versammlung der sozialen Bewegungen. Auf dem Treffen im Unigebäude waren schätzungsweise 2-3000 Menschen. Die Stimmung war trotz der Organisationsschwierigkeiten des WSF sehr gut und kämpferisch. Die Situation in Tunesien und Ägypten lässt die Menschen auf revolutionäre Umbrüche hoffen. Jedenfalls war klar, dass die in dieser Versammlung anwesenden genug haben von Kapitalismus, Patriarchat und Rassismus und dies auch in der zorniger Radikalität zum Ausdruck bringen. Anfangs wurde dem Kapitalismus auf dem Sozialforum – z. B. in Form des Telefonkonzerns Orange oder von Nescafé, der hier im Senegal quasi das ‚Kaffeemonopol‘ innehat – eine Abfuhr erteilt und auch der Umstand beklagt, dass sich mehr AusländerInnen als SenegalesInnen auf der Versammlung und dem Forum insgesamt befänden. Der Kampf gegen die Dominanz der nördlichen Länder war dann auch in der Erklärung der Versammlung eines der wichtigen Themen.

Wir brachten einiges aus der Versammlung und der Erklärung auf dem Forum für Theologie und Befreiung zu Wort. Es geht dabei um den Kampf gegen die Banken und transnationalen Konzerne, um ihre Konzentration auf Profitmaximierung, Ausbeutung und ideologische Manipulation. Es geht darum, dass die Menschen nicht mehr für die Krise des Kapitalismus zahlen werden.

Einige sinngemäße Zitate aus der Erklärung:

 

Wir werden für das Recht auf Ernährung und gegen die Zerstörung von Biodiversität kämpfen.

Wir werden unsere Energie darin setzen, für Bewegungsfreiheit einzutreten.

Wir werden für die unbedingte Annullieung der Schulden der südlichen Länder eintreten.

Wir werden gegen die globale Erwärmung als ein Ergebnis der kapitalistischen Produktion kämpfen .

Wir werden das Recht für jede und jeden verteidigen, Zugang zu dem Boden zu haben, den er/ sie bewirtschaftet.

Wir werden gegen sexuelle Gewalt und Homophobie kämpfen.

Wir werden uns für die Eliminierung der Atomenergie einsetzen.

 

Die Versammlung schlägt zwei globale Aktionstage vor: erstens den 20. März als einen Tag der internationalen Solidarität mit den Arabischen und Afrikanischen Ländern, in Verbindung zu den sozialen Kämpfen in anderen Kontinenten, und zweitens den 12. Oktober als einen Tag des Antikapitalismus, an dem im jeweiligen KOntext klar gemacht wird, dass der Kapitalismus in seinem Fortgang zerstörerisch ist.

 

Morgen werden die Themen und Vorschläge auf der Versammlung der Versammlungen eingebracht, wobei bisher etwas Verwirrung darüber herrschte, ob diese nun stattfindet oder nicht. Wir werden uns überraschen lassen!

 

Jedenfalls gilt, was die Theologin Maria Aquino Pilar gestern auf dem Forum für Theologie und Befreiung sagte. Sie erzählte eine Geschichte, die dem kürzlich verstorbenen mexikanischen Bischof Samuel Ruiz geschehen sei. Er sei mit Indigenen einen Weg gegangen, und habe einen langsameren Schritt gehabt. Darauf sagten sie ihm: Wenn Du nicht mit uns Schritt hältst, lassen wir Dich hinter uns zurück! Dasselbe gilt für das Forum für Theologie und Befreiung: Wenn wir als an einen befreienden Gott Glaubende nicht mit den sozialen Bewegungen Schritt halten und uns beteiligen, werden wir zurückgelassen werden. Ob dies für die Bewegungen relevant ist, sei dahingestellt. Für die Glaubwürdigkeit unserer ‚frohen Botschaft‘ ist es das allemal. Dazu gehört z. B. auch eine glaubwürdige Form der Spiritualität: Sowohl auf der Demonstration, als auch auf der Versammlung wurden Schweigeminuten für die Toten und Verschwundenen abgehalten. Dies war ergreifender und bedeutungsvoller als die hinduistischen und Aimara-Rituale, auf die die TeilnehmerInnen des Forums für Theologie und Befreiung sich einlassen sollten.