Tribunal der Voelker: Verantwortung der internationalen Gemeinschaft

Das Tribunal der Voelker setzt seine Arbeit mit Anhoerungen von weiteren Zeugen fort. Commodore R.S. Vasan vom Centre for Asia Studies in Indien zeigte in seiner Aussage vor der international besetzten Jury des Tribunals die internationale Dimension des Sri Lanka-Konflikts auf: China, Israel, Südafrika, Pakistan, Indien und die USA hatten großen Einfluss auf den Ausgang des Krieges, die Niederlage der LTTE und damit, so der Commodore, haben sie jetzt auch eine besondere Verantwortung für die Entwicklung danach. Zwar könne man sagen, dass auch die Tamilen-Tiger Fehler begangen hätten (innere Spaltungen, falsche Einschätzung der Wahlen in Sri Lanka, Verlust der Unterstützung in der tamilischen Diaspora, militärischer Kontrallverlust über die die Seegebiete vor der Küste im Norden Sri Lankas etc.), diese hätten sich aber ohne die internationale Einflussnahme nicht so gravierende Auswirkungen gehabt.
Die wesentlichen Einflussnahmen durch die genannten Staaten waren: die Ausstattung der srilankischen Armee mit neuesten Waffen und Waffentechniken vor allen Dingen durch China, Israel und die USA; eine massive Unterstützung durch Geheimdienste und militärische Aufklärung zum Beispiel bei der Identifizierung von Transport- und Versorgungsschiffen der LTTE und deren militärischen Stellungen; Indien habe z.B. in den letzten Monaten des Krieges seine Kontrolle in den Seegebieten massiv zugunsten der Regierung Sri Lankas und gegen die LTTE ausgebaut; und schließlich habe es eine massive politisch-diplomatische Kampagne gegeben, in der es international gelungen sei, die LTTE als terroristische Organisation erscheinen zu lassen und damit nicht nur die Friedensverhandlungen zu stören, sondern der sri lankischen Regierung auch die Legitimation zu verschaffen, ganz auf eine militärische Lösung zu setzen.
Der schwedische General Ulf Henricsson, von 2006 bis 2008 Chef einer internationalen Kommission zur Überwachung des Waffenstillstandsabkommens in Sri Lanka, unterstützte mit seiner Aussage diese Position. Er führte aus, dass die Ende 2005 – unter anderem durch den Wahlboykott der LTTE – an die Macht gekommene Regierung Sri Lankas von Anfang an auf eine Beendigung der Friedensverhandlungen und auf eine militärische Lösung gesetzt hat, aber erst die Erklärung der LTTE zu einer terroristischen Organisation durch die Europäische Union habe ihr die entsprechende Legitimation verschafft, dies durchzusetzen: Mit dieser Erklärung der EU seien erstens die Friedensverhandlungen faktisch beendet gewesen, zweitens die europäischen Länder als Vermittler zwangsläufig ausgeschieden und drittens sei es mit Tag dieser Erklärung zu immer heftigeren Übergriffen und Angriffen auf die Tamilien durch die srilankischen Truppen gekommen.
Peter Schalk von der Europäischen Initiative für einen Verhandlungsfrieden in Sri Lanka rekonstruierte die Hintergründe dieser europäischen Haltung gegenüber den Konfliktparteien in Sri Lanka und verwies auf den „großen Bruder“ im Westen, indem er aus einer Rede des srilankischen Präsidenten vom 14. Juli 2009 zitierte, wo er sagt, dass seine Regierung mit der militärischen Lösung nur den Willen der US-Regierung ausgeführt habe. Entsprechend sei auch die Bannung der Tamilenorganisation LTTE der dringende Wunsch der US-Regierung gewesen, der von der damaligen EU-Präsidentschaft, der englischen Regierung in einem demokratisch nicht abgestimmten Prozess durchgesetzt worden sei. Dies habe nicht nur für den weiteren Prozess in Sri Lanka, sondern auch innerhalb Europas Konsequenzen gehabt, indem nämlich die politische Arbeit der tamilischen Diaspora in europäischen Landern massiv eingeschränkt und Organisationen von Tamilen in einigen Ländern kriminalisiert worden seien.
Schliesslich forderte Schalk, den Begriff des „Terrorismus“ generell in Frage yu stellen, denn er diene letztlich nicht der politischen Analyse, sondern einer emotionalen Bewertung: Um es konkret zu sagen: Auch der erste Praesident der USA, George Washington, war ein Terrorist – in den Augen der britischen Kononialherren.