Hearings Sozialer Bewegungen vor der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen

Bei der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) werden im September 2022 in Karlsruhe Delegierte und internationale Gäste unter dem Thema „Die Liebe Christi bewegt die Welt zu Versöhnung und Einheit“ zusammenkommen. Angesichts des Zustands der Welt und auch der Kirchen werden wir mit anderen Basisinitiativen diese Gelegenheit nutzen, unser Verständnis von Frieden und Gerechtigkeit an dieses Treffen heranzutragen. Hierfür soll es das basis-ökumenische Zentrum Casa Común in Karlsruhe geben.
Aus unserer Sicht erscheint es sehr wichtig, Gespräch mit den sozialen Bewegungen weltweit zu suchen, die schon lange an diversen gesellschaftlichen Problemkonstellationen mit großer Ernsthaftigkeit und Dissidenz zu den herrschenden Verhältnissen arbeiten, und von denen sich die meisten großkirchlichen Akteure schon längst verabschiedet haben. Auch wenn Papst Franziskus im Oktober noch zu einem Welttreffen der Sozialen Bewegungen eingeladen hatte, an dem wir vom ITP ebenfalls teilgenommen haben.
Mit Blick auf die Vollversammlung des ÖRK und die Casa Común möchten wir zwischen März und Juni 2022 neben anderen Aktionen, Veranstaltungen und Kampagnen drei Hearings mit VertreterInnen solcher sozialen Bewegungen organisieren.

Dabei geht es zum einen um eine Bestandsaufnahme dessen, was es an Bewegungsengagement gibt, zum anderen aber auch um die Frage, wie eine erneute Annäherung und organischere Verbindung zwischen Kirchen und sozialen Bewegungen aussehen könnte. Lasst uns also (zu)hören, was die Bewegungen unserer Zeit uns zu sagen haben!
Um folgende drei Themen wird es gehen:

I. „Wenn wir streiken, steht die Welt still!“

Feministischer Widerstand gegen Patriarchat und Kapitalismus

Donnerstag, 03.03.2022, 19:00 Uhr

In den letzten Jahren haben wir weltweit eine neue Welle feministischer Proteste erlebt, die sich z.B. gegen Femizide, sexualisierte Gewalt und restriktive Abtreibungsgesetze richteten. Neben dem Aufdecken der patriarchal-neoliberalen Gewaltstrukturen geht es dabei auch darum, dass Frauen ihre Handlungsmacht entdecken. So ist der Streik, die Verweigerung zu einem wichtigen Bezugspunkt für diese Kämpfe geworden, der deutlich macht, dass diese Gesellschaft ohne die Arbeit der Frauen nicht fortbestehen könnte. Der Aufruf zum Frauen*streik verweist somit auf den Zusammenhang zwischen den Kämpfen gegen Patriarchat und Neoliberalismus.

Nancy Cardoso: brasilianische ökofeministische Befreiungstheologin, Dozentin an verschiedenen Universitäten, sie war viele Jahre lang Beraterin der Pastoralen Landkommission und machte Bildungsarbeit für Soziale Bewegungen und engagiert sich gegen geschlechtsspezifische Gewalt

Maricarmen Montes: mexikanische Anthropologin, spezialisiert auf Bildungsprozesse in und mit Sozialen Bewegungen aus einer Gender-Perspektive, sie arbeitet vor allem mit Bäuerinnen und indigenen Frauen und fördert die Solidaritäts- und Friedensarbeit in Zentralamerika

Barbara Imholz (ITP): jahrelange Mitarbeite in der Chile-Solidarität, engagiert sich in Sozialen Bewegungen gegen den neoliberalen Kapitalismus und ist feministisch aktiv

 

II. Klimakämpfe weltweit

Eine Diskussion über Extraktivismuskritik, Klimakämpfe und Antikapitalismus

Dienstag, 29.03.2022, 19:00 Uhr (Zeitzone von Amsterdam, Paris, Berlin) via Zoom (Zugangslink unten)

Die Auseinandersetzungen um die Klimakatastrophe gehören zu den drängendsten Feldern der Kämpfe sozialer Bewegungen weltweit um Extraktivismus, Umweltzerstörung, Mobilität und Infrastruktur. Klar ist, dass es globale Veränderungen braucht, weshalb Kämpfe um Klimagerechtigkeit internationalistisch sein müssen. Doch wie ist der Stand einer „Globalisierung von unten“ in der Klimabewegung und was sind international gemeinsame Herausforderungen und Schwierigkeiten? 

Auch Fragen nach der inhaltlichen Ausrichtung sozialer Bewegungen drängen sich auf: Wie konnte bereits erreicht werden, dass Klimakämpfe sich mit einer grundsätzlichen Kapitalismuskritik verbinden? Inwiefern sind Kämpfe gegen Extraktivismus auch im engeren Sinne Klimakämpfe? Und wie gehen wir in Theorie und Praxis damit um, dass angesichts der Kipppunkte nur wenig Zeit übrig bleibt für die Klimakämpfe? Welche Militanz ist erforderlich, damit soziale Bewegungen etwas erreichen können?

Romina Rivera Bravo und Antonio Zambrano Allende (Peru): Aktivist*innen gegen Umweltzerstörung, die ein Netzwerk für Klimagerechtigkeit in Lima mitbegründet haben.

Nonhle Mbuthuma (Südafrika): Sie setzt sich für die Menschenrechte, die Landrechte und die Umweltrechte der ländlichen Gemeinden in Pondoland ein. Zusammen mit anderen Gemeindeleitern gründete sie 2007 das Amadiba-Krisenkomitee, um gegen das Xolobeni-Bergbauprojekt zu kämpfen.

Simon Toewe (BRD): Aktivist in der Klimagerechtigkeitsbewegung, Mitbegründer der Plattform Movement Hub zur Unterstützung sozialer Bewegungen

 

III. Autoritäre Formierung und nu?

Ein Gespräch zwischen Aktivist*innen aus Brasilien, von der Europäischen Grenze und aus Deutschland

Donnerstag, 16.06.2022, 19:00 Uhr (MESZ) via Zoom (Zugangslink unten)

In englischer Sprache

Brasilien über alles. Gott über allem“, skandieren die Anhänger Bolsonaros. Gleichzeitig entstehen in und rund um Europa geschlossene Lager, die selbst Geflüchtete mit positiven Asylbescheid nicht freilassen.

Dies sind alles Zeichen der sogenannten autoritären Formierung, oder nennen wir es doch Faschisierung? In diesem Panel wollen wir dem auf dem Grund gehen. Was passiert gerade und was ist unsere Analyse? Wie agieren neoliberale- und autoritäre Formierungen miteinander? Schließlich ist die Digitalisierung auch sehr nützlich für die autoritäre Formierung, da der gläserne Mensch berechenbar also beherrschbar wird. Außerdem verharmlost die neoliberale Pluralisierung faschistoide Äußerungen im Namen der Meinungsfreiheit.

Runbir Serkepkani: Aktivist an der EU-Außengrenze, engagiert sich gegen die Polizeigewalt, die Geflüchtete erfahren und ist dafür bei der Aegean Migrant Solidarity aktiv. Ein weiterer Fokus seiner Arbeit ist Antimilitarismus insbesondere im Bezug auf den Angriffskrieg der Türkei auf Kurdistan.

Alberto Moreira: Religionssoziologe mit Schwerpunkt auf neopentekostale Bewegungen und rechte Formierungsprozesse in Brasilien

Tom: Aktivist bei der Antifa in Göttingen (Antifaschistische Linke International), arbeitet zurzeit zu Rheinmetall entwaffnen und beschäftigt sich insbesondere mit dem antisemitischen Anschlag in Halle. Die Gruppe hat die These aufgestellt, dass sich mit den rechten Anschlägen beginnend bei Utoya und Christchurch ein neuer Tätertyp entwickelt hat, der, beeinflusst von Incel- und Rechtendiskursen im Netz, Selbstjustiz begeht.

Zugangslink:

https://us02web.zoom.us/j/84984444072?pwd=ckIvWnN3cmJ1eWdYOENGZlhHSm4zdz09

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