General der Armee Sri Lankas stellvertretender Botschafter in Deutschland

Ein General der Armee Sri Lankas, der im Zuge des Krieges gegen die tamilische Bevölkerung im Norden Sri Lankas das Kommando hatte und damit auch für Menschenrechtsverbrechen verantwortlich ist, ist zur Zeit stellvertretender Botschafter Sri Lankas in Berlin. In einem offenen Brief an den Bundesaußenminister Guido Westerwelle protestieren wir gegen dieses „diplomatische Versteckspiel“. Ein gleich lautender Brief ist an den für die innere Sicherheit in Deutschland zuständigen Minister Thomas de Maizière gegangen.
Sehr geehrter Herr Minister Westerwelle,
ich habe mich in den vergangenen Jahren immer wieder für die Einhaltung der Menschenrechte engagiert, unter anderem in Sri Lanka. Zu meinem Erstaunen habe ich jetzt erfahren, dass sich Generalmajor Jagath Dias seit einigen Monaten als stellvertretender Botschafter des Landes Sri Lanka in Berlin aufhält. Generalmajor Dias ist einer der hauptverantwortlichen Militärs für die Großoffensive der srilankischen Armee in 2008 und 2009 gegen die Tamilen im Norden Sri Lankas. Im Rahmen dieser Militäroffensive ist es nachweislich zu Übergriffen und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung gekommen, zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, so zum Beispiel:
– Angriffe auf die Zivilbevölkerung: Nach Angaben der UN starben in den letzten Wochen der Armeeoffensive pro Tag 116 tamilische Zivilisten durch Artilleriebeschuss und Luftangriffe. Medienberichten zufolge sollen bis zu 20.000 Zivilisten in dieser Zeit getötet worden sein. Die Zivilbevölkerung war diesen Angriffen schutzlos ausgeliefert. Selbst Krankenhäuser wurden gezielt beschossen.
– Lebensmittel und Medizin wurden als Waffen eingesetzt: Die Regierungstruppen verweigerten internationalen Hilfsorganisationen den Zugang zur eingeschlossenen Zivilbevölkerung. Versorgungstransporte mit Medizin und Nahrungsmitteln wurden massiv behindert. In den letzten Wochen des Krieges wurde Versorgung für 60.000 Menschen durchgelassen, während sich tatsächlich um die 300.000 Menschen in dem vom Militär eingeschlossenen Gebiet aufhielten.
– Einsatz geächteter Waffen: Zahlreiche Berichte weisen auf den Einsatz geächteter Waffen hin. Ein französisches medizinisches Team, das im Kriegsgebiet verwundete tamilische Zivilisten behandelte, berichtete von zahlreichen schweren Brandverletzungen, die auf den Einsatz von Phosphorbomben schließen lassen. Der Einsatz von Phosphor in zivilen Gebieten ist nach internationalem Recht verboten.
– Exekution und Folter von Kriegsgefangenen: Ein Video, das aus Sri Lanka herausgeschmuggelt wurde, belegt die Exekution von Kriegsgefangenen (http://www.humanrights.de/doc_de/countries/sri-lanka/make_a_stand.html). Die Soldaten in dem Video handeln, als wäre dies ein alltägliches Vorgehen. Sie scherzen miteinander, während sie die Gefangenen exekutieren.

Nach Artikel 28 des Rom-Statuts gibt es im internationalen Strafrecht die Vorgesetztenverantwortlichkeit (Command Responsibility), nach dieser ist Generalmajor Dias als Vorgesetzter verantwortlich für diese Verbrechen, die ihm Untergebene begangen haben.
Aber auch in seiner neuen Rolle als stellvertretender Botschafter seines Landes in Deutschland spielt er eine wichtige Rolle in der Unterdrückung der Wahrheit und Meinungsfreiheit. Nach einem Bericht des BBC hat der Minister für „Human Rights and Disaster Management“ der Regierung Sri Lankas, Mahinda Samarasingha, in einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass die Regierung Maßnahmen gegen eine Gruppe von „Journalisten für Demokratie in Sri Lanka“ (JDS) ergreifen will, weil diese versuche, das Land durch Falschinformationen zu destabilisieren und das Bild der Sicherheitskräfte zu schädigen. Er sagte: „Wir sind dabei, einen Aktionsplan gegen die JDS zu erstellen, weil sie das Video (über die Exekution von Kriegsgefangenen, L.W.) zu Channel 4 geschickt haben. Wir haben bereits Informationen über die Mitglieder dieser Organisation gesammelt. Unsere Botschaft in Deutschland hat uns bereits wichtige Details mitgeteilt. Was diese Leute getan haben, war absolut falsch. Wir können das nicht hinnehmen. Sie müssen bestraft werden, weil sie vorhaben, das Land zu destabilisieren.“ (http://www.youtube.com/watch?v=FndpvwfLOGM; BBC Sinhala Service – Sandeshaya (05.10.2009).
Ich möchte Sie fragen, Herr Minister Westerwelle, was Sie zu tun gedenken, damit Generalmajor Dias für seine Verbrechen zur Verantwortung gezogen wird? Es kann nicht sein, dass er sich im Schutz seines Diplomatenstatus hier in Deutschland seiner Verantwortung entzieht und sich von hier aus an neuen Verbrechen gegen Journalisten beteiligt, die ihm und seiner Regierung unbequem sind.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ludger Weckel