Coronavirus zwingt zum Handeln zum Schutz von Geflüchteten

Offener Brief an:
Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland Bundesministerium des Innern
Innenministerien der Länder

19. März 2020

Coronavirus zwingt zum Handeln zum Schutz von Geflüchteten_Offener Brief_19März2020

Coronavirus zwingt zum Handeln zum Schutz von Geflüchteten

Sehr geehrte Damen und Herren,

wegen des Coronavirus Sars-CoV-2 spitzt sich die Situation von Geflüchteten in Europa immer weiter zu. Die Schutzmaßnahmen, die allen anderen Menschen zuteilwerden, müssen ebenso auch für Geflüchtete gelten. Aus diesem Grund erscheint es uns notwendig, folgenden Appell an Sie zu richten:

1) Abschiebungen aus den Kommunen und aus den Landeseinrichtungen müssen ausgesetzt werden. Abschiebehaft aufheben!

Nicht nur aus gesundheitlichen Gründen sind Abschiebungen momentan unverantwortlich. Auch weil das öffentliche Leben weitgehend lahmgelegt ist, könnten die Betroffenen keinen effektiven Schutz bei Anwält*innen, Beratungsstellen oder anderen Einrichtungen erhalten. Alle Abschiebungen sind daher bis auf weiteres auszusetzen. Die Verhängung von jeglicher Abschiebungshaft ist somit natürlich unverzüglich zu beenden, die Inhaftierten zu entlassen, um Menschenansammlungen auf geringem Raum zu vermeiden.

2) Die griechischen Elendslager müssen sofort evakuiert werden!

Die drohende Corona-Gefahr und der fürchterliche Brand in einem Lager in Moria, bei dem mindestens ein sechsjähriges Kind ums Leben gekommen ist, zeigen einmal mehr, dass diese Lager so schnell wie möglich geschlossen werden müssen! Über 40.000 Menschen leben unter erbärmlichen Zuständen in den Lagern, davon über zehntausend Minderjährige. Die Menschen im Niemandsland der türkisch-griechischen Grenze müssen zudem schnellstens in Sicherheit gebracht werden.

Griechenland muss seinen von den europäischen Staaten bisher mitgetragenen systematischen Rechtsbruch beenden. Die Bundesregierung und die EU müssen dies massiv einfordern und durch die Verteilung der Menschen an sichere Ort unterstützen, statt Gewalt und Rechtsbruch durch einen Mitgliedsstaat stillschweigend zu dulden oder sogar ausdrücklich zu begrüßen!

3) Die Menschen in den Sammelunterkünften der Länder müssen so­fort kommunal zugewiesen werden!

In den Lagern der Bundesländer leben jeweils mehrere hundert Menschen mit eingeschränkter medizinischer Versorgung, ohne Rückzugsmöglichkeit und unter schlechten hygienischen Rahmenbedingungen. Diese Lager verhindern nicht nur gesellschaftliche Teilhabe, sondern widersprechen auch allen Empfehlungen, die die Expert*innen zur Corona-Prävention geben. Die Landeseinrichtungen müssen geschlossen und die Menschen in den Kommunen in Wohnungen oder vernünftigen Unterkünften untergebracht werden.

Wir bitten Sie diese Forderungen ernstzunehmen und in dieser angespannten Situation im Sinne eines Menschenrechtsschutzes aller zu handeln.

Unterzeichnende Organisationen:

PRO ASYL
medico international e.V.
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche
matteo – Kirche und Asyl
Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW e.V.
Flüchtlingsrat NRW
GGUA Flüchtlingshilfe
Institut für Theologie und Politik

Pressekontakte:

PRO ASYL
presse@proasyl.de
Postfach 160624
60069 Frankfurt/M.
Tel. 069-724231430

medico international e.V.
Dr. Ramona Lenz
info@medico.de
Lindleystr. 15
60314 Frankfurt/M.
Tel. 069-94438-23

Komitee für Grund­rechte und Demokratie
Britta Rabe
brittarabe@grundrechtekomitee.de
Aquinostraße 7-11
50670 Köln
Tel. 0221-9726930

Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche/NRW
Benedikt Kern
nrw@kirchenasyl.de
Friedrich-Ebert-Str. 7
48153 Münster
Tel. 0251-524738