Notizen und Überlegungen zum Aufstand vom Oktober 2019 in Chile

Der folgende Beitrag ist der Versuch einer Analyse dessen, was gerad in Chile gechieht. Manuel Ossa ist Theologe. Die Übersetzung seines Textes ist nicht autorisiert, Fehler gehen zu Lasten des Übersetzers und der hektischen Verhältnisse. Wir veröffentlichen aber zugleich auch die spanische Version. 

Die Fotos sind von Frente Fotográfico aus Chile, einem Kollektiv für Gegeninformation.

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Sieben Tage sind seit dem Beginn des Aufstands vergangen, der das Land verändert und bis ins Mark erschüttert hat. Die gewaltige Demonstration am Freitag den 26. – mehr als eine 1.200,000 Menschen in Santiago und vielen anderen in den Regionen – gefolgt vom freiwilligen Einsatz von Hunderten von Jugendlichen, die die Straßen reinigten, zeigt uns, dass ein neuer Geist in einem Volk weht, das in sich ein gewaltiges Lebenspotenzial entdeckt. Aber wir wollen zunächst einige Fakten in Erinnerung rufen und reflektieren, um nach einer möglichen Bedeutung zu suchen.

Das Unbehagen und die Straße

Alles begann am Montag, den 14. Oktober 2019 in Santiago mit einem massiven Protest der Gymnasiasten gegen die Verteuerung der Metrotickets um 30 Pesos. Zwei Tage lang drangen Gruppen von Schülern immer wieder in einige U-Bahn-Stationen ein, um dann die Drehkreuze zu überspringen und fast spielerisch die Ticketzahlung zu umgehen. Ihr Motto: Evadir, no pagar, otra forma de luchar“ (Umgehen, nicht bezahlen; eine andere Art zu kämpfen).

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Am dritten Tag, als die Repression der Polizei einsetzte, wurde aus dem Spiel Ernst. Der Protest von Eltern und Großeltern kam hinzu, und Gruppen von Jugendlichen schlossen sich an, bei denen sich gewaltsam Wut und Frustration, die sich im Laufe der Jahre angesammelt hatten, entluden, weil sie hilflos zuschauen mussten, dass ihre Großmütter nicht von ihrer erbärmlichen Rente leben konnten, oder dass ihre Mütter sich keine dringende medizinische Versorgung leisten konnten, oder dass das Leben in der Nachbarschaft oder zuhause zu einer ständigen Qual zwischen Drogen, Arbeitslosigkeit und fehlenden Orten und Plätzen für Kinder und Jugendliche wurde.

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Es sind junge Menschen ohne Zukunft, enttäuscht von Ausbildungen, die das Versprechen, sie auf einen guten Job vorzubereiten, nicht erfüllten. Sie vergleichen sich mit ehemaligen Schülern ihres Alters aus Privatschulen, die lukrative Positionen und Funktionen haben. Für sie ist die Umgehung der Fahrpreiszahlung im öffentlichen Nahverkehr nur ein Mittel, sich an den Verhältnissen schadlos zu halten, unter denen sie aufgewachsen sind und leben müssen. Die Umgehung – so, wie es die Reichen mit ihren Steuern machen, mit ihren Handelsabsprachen und den Kürzungen bei der Arbeits- und Sozialhilfe oder der Rente, oder das Militär und die Carabineros mit ihren Steuerbetrügereien – die Umgehung ist allgemein und banal geworden und wird zur Frage der Wahl zwischen Lebendigkeit oder Dummheit.

Aus der Wut und Empörung, die sich über lange Zeit über die großen Ungleichheiten bei Einkommen und Lebensstandards angestaut hatten, resultierte die Gewalt, die gegen öffentliche Einrichtungen entbrannte, so wie die Mächtigen die Gemeingüter missbrauchen wie z.B. in der Privatisierung des Wassers oder bei der Verunreinigung der Luft.

Daraus resultierte die Zerstörung von 41 U-Bahn-Stationen und zweier Züge, was zur Einstellung des Metrobetriebs führte. Daraus resultierte auch die Verbrennung von Bussen, Apotheken und Supermärkten, zu denen noch Plünderungen, diesmal durch Erwachsene, hinzukamen – denn es gibt immer diejenigen, die die Panik ausnutzen oder, wie man vermutet, aus organisierten Banden heraus ausnutzen.

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Die Störung der öffentlichen Ordnung in Santiago und anderen Städten brachte Unsicherheit oder Angst vor Nahrungsmittel- und Medikamentenmangel mit sich. Das Leben der Schwächsten – Kleinkindern, älteren Menschen und chronisch Kranken – war gefährdet. Die Regierung hat dann den Ausnahmezustand in der Hauptstadt und anderen Regionen verhängt.

Angesichts des Ausnahmezustands schieden sich die Geister. Einige haben ihn gebilligt. Die Bürgermeister verlangten Polizeipräsenz in der Nähe von Apotheken, Krankenhäusern und Supermärkten, ebenso wie kleine Kaufleute und Marktbeschicker, die zusehen mussten, wie ihre Geschäfte geplündert wurden,

Für andere brachte das Militär bedrohliche Erinnerungen an die Diktatur zurück. Andere, die diese Erinnerung zwar nicht hatten, betrachteten das aber mit Argwohn, weil sie der Meinung waren, dass das Militär für Bedrohungen gegen Außen verantwortlich ist. Und sie hatten Recht, ihnen zu misstrauen, denn in vielen Fällen kehrten mit Militär und Polizei die Verletzung der Menschen- und elementarer Bürgerrechte zurück. In einigen Stadtteilen zogen es die Menschen vor, eigene Bürgerwehren aufzustellen. Einige Oppositionspolitiker machten den Dialog mit der Exekutive davon abhängig, dass das Militär in ihre Kasernen zurückkehrt.

Darüber hinaus enttäuschte das Militär die gleichen Leute, die sie um Hilfe gebeten hatten, weil sie sie die Plünderungen eben nicht verhinderten und stieß friedliche Demonstranten durch Schusswaffengebrauch und physische Gewaltanwendung zurück, wodurch zwanzig Menschen zu Tode kamen, mehrere hundert Menschen verletzt wurden, darunter etwa fünfzig junge Menschen mit Augenverletzungen.

Ausnahmezustand: Notfallstufe1

Auf jeden Fall hat keine der Positionen, auf die vor der Militäroperation Bezug genommen wurde, das Wesen des Ausnahmezustands2 erfasst, der ganz „legal“ einen Raum ohne Gesetz ohne Regeln – festlegt. Dieser Ausnahmezustand ist dem jeweiligen Leiter einer Region überantwortet, an der prekären Grenze zwischen Legalität und Illegalität, zwischen der Sorge um das Leben und der administrativen oder tyrannischen Herrschaft darüber, oder zwischen dem Gesellschaftsvertrag einer Verfassung und der Willkür eines möglichen Despoten. So geriet das Land in Gefahr, in eine Diktatur hineinzuschlittern – umso mehr, als Präsident Piñera sagte, wir befänden uns „im Krieg“ gegen einen mächtigen Feind.

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Der Präsident, der den Ausnahmezustand verhängte, hat die administrative Möglichkeit, dies zu tun. Qua Macht, die das Volk den gewählten Funktionären übertragen hat. Aber weil es ihm an persönlichem Charisma fehlt, und weil er familiär mit wirtschaftlichen Interessen verbunden ist, fehlt es diesem Präsident an Autorität, die eine Identifikation zwischen ihm und der Mehrheit des Volkes als Führer ermöglichen würde.3 Als er am 22. Oktober nachmittags im nationalen Fernsehen auftrat, und um Verzeihung bat und die schnelle Umsetzung von Erleichterungen für die Mehrheit der sozial Ausgeschlossenen Menschen in Chile anbot, haben diese weder auf ihn gehört noch ihm vertraut.

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Trotz der veränderten Haltung des Präsidenten und mehrerer seiner Minister – was einige als „Sieg“ des Volkes begrüßten – wie Oscar Landerretche, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des staatlichen Codelco – setzten sich die massiven und friedlichen Protestdemonstrationen fort und wurden durch einen 24-Stunden-Generalstreik der CUT und anderer Arbeitnehmerorganisationen verstärkt. Die Mehrheit der TeilnehmerInnen protestierte friedlich und feiernd weiter – mit cacerolazos (die berühmte Protestform des laut auf die leeren Töpfe schlagens, M.R.), Tänzen, mit Wandbildern -, was die Regierung behauptete, in den ersten ersten fünf Tagen nicht gesehen zu haben, und sie in die gleiche Schublade des „Krieges“ gegen die „Vandalen“ steckte. („Aliens“ nach Cecilia Morel).

Von der Anomie zum Leben

Ich sagte, dass der Ausnahmezustand der Zustand der Abwesenheit von Gesetz – oder Anomie ist. Jedes Leben, dem der Atem genommen wird, geht durch eine bestimmte Form der Anomie. Es ist einer der Momente einer Suche. Es ist nicht das Letzte. Es ist beunruhigend, dass, solange es dauert, kein Ausweg deutlich sichtbar ist. Der Ausweg wird in irrationaler Weise gesucht. Zum Beispiel, indem U-Bahnen zerstört werden, wie wir gesehen haben. Wer sie zerstört, weiß nicht, warum. Aber er hat das dunkle Gefühl, dass diese unterirdische Schlange, die das große Santiago von den Armenvierteln zu den Reichen durchkreuzt, hin und her fährt, eine Verbindung der Ausbeutung repräsentiert: die Ausbeutung, unter der die Eltern leiden, wenn sie von den Vororten in den Osten der Stadt reisen, um einen fremden Garten zu verschönern oder wenn sie von morgens bis abends als Kassierer in einem Supermarkt für einen Elendslohn sitzen.

Schon vor der Verhängung des Ausnahmezustands durch den Präsidenten hatte sich das Volk selbst an den Rand des Gesetzes gestellt, weil es das dunkle Gefühl hatte, dass das Gesetzt zu nichts mehr taugte. Sich außerhalb des Gesetztes zu stellen, war eine Form der Suche nach einem neuen Gesetz, diesmal die Suche nach einem Gesetz des Lebens im Gespür darum, dass es keinen Widerspruch zwischen Rechtlosigkeit und Anomie einerseits und einem Gesetz gibt. Denn diese Anomie enthält das Begehren und die Dynamik der Suche nach dem Leben4.

Erratische, aber kreative Entwicklung

Das Leben entwickelt sich manchmal unberechenbar, aber es trägt in sich selbst — das „Dedans“ („Innen“) von Teilhard de Chardin— den Dynamismus, der unerwartet neue Wesen schafft und gestaltet, die in der Lage sind, externe Krisen – Ausbrüche, Meteoriten, Gletscher – zu überwinden.

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Indem sie sich manchmal überraschend vermehren und verändern, gruppieren sie sich zu Erben, die die Evolution des Lebens von den ersten Mikroben und Einzellern der Erdfrühzeit vor 2,7 Milliarden Jahren über Wasser- und Bodenpflanzen bis hin zu Tieren und Menschenaffen und Hominiden der Tertiärzeit vor 7 Millionen Jahren vorantreiben. So hat sich die Materie auf ihrem fortschreitenden Weg zu Bewusstsein, Rationalität, Affektivität und Gemeinschaft entwickelt. Und auch die Menschheitsgeschichte folgt diesem evolutionären Rhythmus mit all seinen anomischen und kreativen Höhen und Tiefen sowie seinen destruktiven und konstruktiven Triebkräften.

Biblische Interpretation der Anomie

Den anomischen Moment des Ausnahmezustands in seinen beiden Aspekten von spontaner Erhebung und präsidentiellem Erlaß kann man auch mit dem Maßstab biblischer Symbole lesen, weil sie reale Bezüge zur Geschichte der Menschheit haben. Die biblischen Symbole und die anderer Religionen ermöglichen es, das tägliche Leben und die sozialen Strukturen mit einem Schlüssel zu lesen, der die Tiefen der individuellen und kollektiven Seele untersucht, aus denen die Impulse wie Eros und Thánatos, Leben und Tod, entspringen und die die individuelle und soziale Existenz bestimmen.

Drei biblische Texte, zwei von Paulus und einer von Johannes leiten uns bei diesem Vorschlag. Im Brief von Paulus an die Römer (3,21) kann man eine paradoxe Bejahung der Unbrauchbarkeit des alten Gesetzes, des Gesetzes Israels nachlesen: „Und nun, ohne das Gesetz hat sich die Gerechtigkeit Gottes manifestiert.“ Das ist ein paradoxer Ausdruck — weil er das Gesetz negiert, aber die Gerechtigkeit, die auch ein Gesetz ist, bejaht.

Um diese Paradoxie zu verstehen, ziehen wir einen anderen Text heran: „Er hat uns fähig gemacht, Diener des Neuen Bundes zu sein, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig. (2 Kor 3, 6). Hier ist der Buchstabe der des Gesetzes, der den jurifizierten Codex des alten Bundes bestimmt. Aber für Paulus gibt es eine Tatsache, die das alte Gesetz beseitigt, dessen Buchstabe heute tötet. Diese Tatsache ist die Gründung eines neuen Bundes durch das Erscheinen des Messias Jesus — ein Messias der physisch noch nicht anwesend ist, aber dessen Inspiration oder lebendig machender Geist unter allen anwesend ist. Diese messianische Inspiration macht einem neuen Gesetz Platz, den Paulus die „Gerechtigkeit Gottes“ nennt, die unmittelbar mit der lebendigen Inspiration des „lebendig machenden Geistes“ verbunden ist.

Was geschehen ist, ist, dass Paulus nach der Ankunft und dem Gehen des Messias Jesus (2 Kor 3,1) beauftragt wurde, sich in den Dienst der Gerechtigkeit Gottes zu stellen, der alle Barrieren der Ungerechtigkeit durchbricht, der alle Menschen in dem neuen Raum, der „Messias“ genannt wird, vereint, wo „kein Grieche oder Jude, Sklave oder Freier, kein Mann oder Frau mehr ist“ (Gal 3,28). Das ist das Aufkommen der Gerechtigkeit Gottes.

Dieses Ereignis ist nichts, was von außen kommt, um – charismatisch oder gewalttätig – eine neue soziale und juristische Ordnung aufzuoktroyieren oder einzusetzen: den neuen Bund. Der Messias Jesus steht noch nicht am Horizont der Geschichte. Die Träume, ihn zum König zu machen, haben sich für immer aufgelöst. Und auch die seiner Rückkehr oder Parusie. Um von seinem „Geist“ zu sprechen, verweist Paulus auf eine intime Erfahrung, die er intensiv lebt, die aber allen zur Verfügung steht. Es geht nur darum, sie in der Gemeinschaft bewusst zu machen. Das war der Paulus aufgetragene Dienst. Bewusstsein zu schaffen. Dieses Bewusstsein findet sich später auch im Johannesevangelium, wo darauf insistiert wird, dass der Messias definitiv verschwunden ist, was seinen NachfolgerInnen Angst macht.

Zweifelsohne ist diese Entfernung notwendig, damit die Gemeinde in sich selbst entdecken kann, in der gemeinschaftlichen Diskussion und im Dialog, dass der Atem des Geistes, seine messianische Leidenschaft, in jeder menschlichen Gemeinschaft latent vorhanden ist, um sich auf unterschiedliche Weise auszudrücken. Der Name des Parakleten übernimmt im Evangelium des Johannes die Funktionen „Fürsprache“, der Verteidigung der Schwachen, der Sprecher und des „Trostes“ oder der Unterstützung der Leidenden, die Jesus erfüllt hat und die die Gruppe jetzt selbst erfüllen muss, mit der Kraft, die von innen kommt:Wenn ich nicht gehe, kommt der Paraklet (Anwalt, Tröster) nicht“ (Joh 16,7): Die Hoffnung auf einen charismatischen Führer (Messias), der von Außen kommen könnte, würde die interne Energie lähmen, die sich selbst in der Gemeinschaft zu verwirklichen sucht.

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Etwas von dieser Energie konnten wir heute in unserem Ausnahmezustand erfahren. Ich glaube, dass in den vielen solidarischen Gesten und Aktionen, die ohne irgendein Gesetz – inmitten der Anomie – entstanden sind, wie z.B. der Pflege der Verletzten, der gegenseitigen Hilfe unter Nachbarn, dem Säubern von Plätzen und Straßen, der Bildung von Räten in den Stadtteilen, um eine neue Gesellschaft aufzubauen, und den vielen anderen Dingen, die sich an dem Besten und Tiefsten orientieren, was in unserer Menschheit gibt.

So sind die zu Unrecht Behandelten, die Ausgeschlossenen wieder auf die Beine gekommen. Nach Paulus können wir diese Praxen als ein Echo der „Gerechtigkeit Gottes“ interpretieren, die das vereint, was durch Vorurteile und Hass voneinander getrennt sind.

Mit dem Wort „Gott“ symbolisiert Paulus das „Konstruktive“, das Liebende, das erotische dessen, was die Menschheit zutiefst vereint, das, was neues Leben hervorbringt und mit dem alten Gesetz bricht, das zum Tode führt. Es handelt sich weder bei Paulus noch bei uns um einen Gott, der von Außen kommt, um die menschlichen Prozesse zu unterbrechen.

Paulus sprach und wir sprechen von einer Gabe, die die Völker manchmal in sich selbst entdecken, von einem kollektiven Messias, nicht von einem individuellen visionären oder charismatischen Führer, auch nicht von einer Kirche oder einer Partei, die vorgibt, alles zu wissen, sondern es handelt sich um ein Volk in Bewegung und nur insofern um das „Messianische“.

So können wir auch den gegenwärtigen Moment, den wir durchleben, lesen und interpretieren: Die Dunkelheit der Anomie, die wir erleben, reflektiert den Tod, den die Verfassung der Diktatur in sich trägt und durch die Hände der Militärs auch weiter produziert, die vorgeben, das Gesetz im Status des Ausnahmezustands weiter zu erfüllen. Aber dieses Gesetz, das zu nichts mehr dient und diese Ilegalität oder Anomie, die in den Kundgebungen des Volkes gelebt wird, tragen in sich den Samen des Lebens, der sich früher oder später ein neues Gesetz geben wird.

Auf welche Weise? Ohne es vorhersagen zu können. Weil man den „Weg nur voranschreitend machen“ kann. Man muss zuerst zwei Schritte machen: Der erste hängt davon ab, was von der Verwaltung und ihrer Fähigkeit bleibt, die öffentliche Ordnung wieder herzustellen. Der zweite: das Volk muss Schritte aktiver Partizipation gehen – wie die Räte, die sich schon bilden – um einen neuen Gesellschaftsvertrag oder eine neue Verfassung auszuarbeiten.

Manuel Ossa B., 23. und 27. Oktober 2019

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1 Der “Ausnahmezustand von der verfassungsmäßigen Ordnung“ ist im Gesetz18415 vom 14. Juni 1985 festgeschrieben und umfasst vier Varianten: Notstand, „estado de asamblea“ (im Falle eines regulären Krieges, M.R.), Belagerungszustand und Katastrophenzustand. Jed dieser Varianten bezieht sich auf eine andere Situation und ist mit anderen Befugnissen versehen. Der Notstand wird durch präsidentiellen Erlass im Falle „schwerer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung“ ausgerufen.

2 Vgl. Giorgio Agamben, State of Exception, The University of Chicago Press, edición Kindle Amazon, pos. 338.

3Nach Agamben, unterscheidet sich die Autorität von der Potestas, aber beide Konzepte konfigurieren ein System, in dem sie sich durch einen Widerspruch aufeinander beziehen, der sie aber beide erhält. Vgl. Giorgio Agamben, State of Exception, Kap. 6: “Auctoritas and Potestas”.

4Vgl. Agamben, State of Exception, pos. 981, Kap. 5.4.