Präsidenten von Bolivien, Ecuador, Venezuela und Paraguay linke Gemeinsamkeiten

Unter dem Titel „Internationale Solidarität. Dialog über die Integration der Völker in unserem Amerika“ fand heute, am 29. Januar 2009 am Rande des Weltsozialforums eine Podiumsdiskussion mit den vier Präsidenten Evo Morales (Bolivien), Hugo Chavez (Venezuela), Fernando Lugo (Paraguay) und Rafael Correa (Ecuador) statt.

prasident.JPGRafael Correa diagnostizierte u.a. als einen Fehler des „alten Sozialismus“, dass er „Wachstumsideologien“ des Kapitalismus gefolgt sei, was massive Zerstörungen von Leben und Lebensraum zu Folge habe. Daraus müsse ein Sozialismus des 21. Jahrhunderts lernen. Es gehe darum, die Ökonomie im Sinne und zugusten des Lebens der Bevölkerung neu zugestalten. In diesem Sinne verteidigte er Verstaatlichungen und staatliche Kontrolle internationaler Unternehmen in seinem Land.

Fernando Lugo betonte zunächst einmal, dass in den letzten Jahren in Lateinamerika sehr viel verändert habe, so eben die Wahl vom August in Paraguay. Er betonte aber, dass diese neue Situation in Lateinamerika ein Ergebnis jahrelanger Kämpfe sozialer Bewegungen sei. Er nannte explizit die Präsidenten Boliviens, Ecuadors und Paraguays, die von sozialen Bewegungen getragen seien und forderte dazu auf, dieses Engagement fortzusetzen.

Evo Morales wurde von den Hunderten anwesender Mitglieder sozialer Bewegungen besonders gefeiert. Er hat in den vergangenen Wochen und Monaten viele Anfeindungen durchstehen müssen, in der vergangenen Woche jedoch eine Volksabstimmung für eine neue Verfassung gewonnen. Evo Morales machte deutlich, dass zu seinen Gegner nicht nur „Neoliberale“ einer Clique konservativer Familien gehören, sondern auch Vertreter der kirchlichen Hierarchie, die sich der neuen Verfassung widersetzten, weil dort kostenlose Bildung für alle festgeschrieben wird, die aber die Existienz teurer kirchlicher Bildungseinrichtungen gefährde. In diesem Zusammenhang sprach Morales davon, dass nicht nur nur eine andere Welt, sondern auch ein anderer Glaube und eine andere Kirche möglich seien.

Hugo Chavez rekonstruierte die Geschichte des „Linksrucks“ in Lateinamerika: der Kampf gegen die Militärdiktaturen in den 80er Jahren und gegen die neoliberale Hegemonie in den 90er Jahren haben die Grundlagen für den Erfolg der sozialen Bewegungen gelegt. „Unser Sozialismus“, so Chavez, “ ist der einzige Weg“, da der Kapitalismus die Welt zerstöre. In diesem Sinn sei eine neue Welt nicht nur möglich, sondern notwendig, und sie sei auch schon im Entstehen, wer sie sehen wolle, der könne sie auch sehen: Die Utopie einer neuen Welt sei hier sichtbar.

Diese Veranstaltung war keine offizielle Veranstaltung de WSF, sondern einer Koalition verschiedener lateinamerikanischer Bewegungen. Der Eintritt war limitiert und nur mit Eintrittskarte moeglich. Dies, und die Tatsache, dass Praesident Lula nicht eingeladen war, weist auf die Differenzen zwischen den Bewegungen und der PT in Brasilien hin: Eine offene Veanstaltung unter Anwesenheit von Lula haette sicherlich zu einigem Protest gefuehrt. Und am Rande der Veranstaltung war zu erfahren, dass Evo Morales sich zu einer gemeinsamen Veranstaltung mit Lula nur haette „dazuladen“ lassen. Die Einigkeit der Praesidenten hat also auch ihre Schwierigkeiten. Gleichwohl wurde auf der Veranstaltung sichtbar, dass es allen um eine linke, demokratische Zukunft auf der Basis eines gemeinsamen Blockes geht.

Am Abend des gleichen Tages fand in einem der größten Veranstaltungsgebäude Belems ein weiteres Treffen statt, an dem auch Brasiliens Präsident Lula teilnahm. Im Mittelpunkt stand die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise und Lula kündigte ein klassisches Investitionsprogramm ähnlich denen der europäischen Regierungen an. Er bemühte sich darum, Differenzen mit den anderen Präsidenten in den Hintergrund zu stellen. Die Tageszeitungen titelten am nächsten Tag allerdings, Lula sei für die erste Veranstaltung von der MST „ausgeschlossen“ worden. Welch ein Machtbeweis für die MST, die in der Lage ist, vier lateinamerikanische Präsidenten in Brasilien zu versammeln und den eigenen Präsidenten davon fernzuhalten.