Materialien zum Workshop des AK ReligionslehrerInnen

Texte Bild WebAm 10. November (10-16 Uhr im ITP) findet der nächste Workshop des Arbeitskreis ReligionslehrerInnen am Institut für Theologie statt. „Wenn Befreiungspädagogik praktisch wird. Was für Paulo Freire möglich war und für uns möglich werden könnte.“ Herzliche Einladung! Zur Vorbereitung gibt es hier zwei Texte.

Pädagogik der Unterdrückten 2018
Pädagogik der Unterdrückten Thesen 2018

Freire in der Schule

Von Paulo Freires Pädagogik der Unterdrückten in der „Dritten Welt“ (1968/69) inspirierte Fragen und Wegmarken für eine Pädagogik der Geflüchteten in der „Ersten Welt“ (2018)

vom Arbeitskreis ReligionslehrerInnen am Institut für Theologie und Politik, 2018

  1. Option für die Opfer!
  2. Die Geflüchteten sind die Lehrer.
    Uns von ihnen etwas Entscheidendes für unser Leben „vorsagen“ (E.Lange) lassen!
  3. Vertrauen zu den Geflüchteten fassen und Vertrauen in sie setzen!
    Was könnte das als pädagogische Grundoption konkret bedeuten?
  4. Emanzipativen Unterricht dialogisch mit den Geflüchteten entwickeln, nicht für sie!
    Dialog bedeutet nicht „Selbstbestimmung“ als „Lernziel“, sondern ständigen Kampf um vollkommenes Menschsein für beide, LehrerInnen und SchülerInnen. –
    „Revolutionär sein, […] heißt […] von allem Anfang an dialogisch sein.“ (P. Freire)
  5. „Kultur des Schweigens“ (P. Freire): Worüber schweigen Geflüchtete in der Schule?
    Worüber schweigen ihre MitschülerInnen?
    Hat das eine mit dem anderen etwas zu tun?
    Welche Formen des Schweigens sind zu beobachten?
  6. Können Geflüchtete in einer Fremd-Sprache ihre Eigen-Sprache finden oder wiederfinden bzw. ausdrücken?
  7. Die Sprache der Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit lernen und nicht durch die Sprache der Integration zerstören lassen!
  8. „Stumme können selber reden“ (Marie Veit) – wenn ihnen das Wort „gegeben“ würde. Und „Geben“ hieße „Teilen“ als „Anteilgabe“ (an Raum, Zeit, materiellen Möglichkeiten, Macht, Komunikation – die wir uns allererst, immer gemeinsam-solidarisch mit ihnen, an allen gesellschaftlichen Orten erobern und dann revolutionieren müssten).
  9. Die Unterwerfungsbereitschaft zum ersten Problem, zur ersten Lernthematik machen!
  10. Welches Wissen von Geflüchteten könnte die emanzipative Kraft unseres Unterrichts beflügeln, und wie kämen wir an dieses Wissen?
  11. Verlernziele formulieren!
    Auf die Verlernziele führende Verlernmethoden konzipieren und praktizieren!
  12. Emanzipative Lernmethoden gegen assimilatives Methodenlernen richten!
    Exoduspädagogik gegen Pädagogik des „Gefängnistausches“ (E. Lange)!
  13. Gibt es – kann es – ein „Jenseits“ der kapitalistischen Herrschafts-Strukturen-Psycho-Verhältnisse in „diesseitigen“ schulisch-unterrichtlichen Herrschafts-Strukturen-Psycho-Verhältnissen geben?
    Können wir so etwas wie „Orte“ oder “Situationen“ für diese „Jenseits“ in Schulleben und -unterricht ausmachen?
  14. Was könnte „Einheit von Aktion und Reflexion “ (P. Freire) in der Schule und im Unterricht bedeuten, wenn „Aktion“ nicht rein formal mit irgendwelchen Unterrichtsaktivitäten oder dem aktuell neoliberal propagierten Selbstmethodismus verwechselt würde?
  15. Befreiende Bildung – statt bloßem Humanitarismus (pädagogischem Paternalismus, „humanitärer“ Großzügigkeit) – heißt: Wirklichkeit gemeinsam, dialogisch und solidarisch zu verwandeln, sie anzutasten, anstatt den Menschen (den/die SchülerIn) selbst, i.S. einer modellierenden Anpassung an die vorgegebene gesellschaftliche Realität.
  16. Die Befreiungspädagogik der Geflüchteten ist eine Aufgabe für Radikale.
    „Radikalisierung, genährt von kritischem Geist, ist immer schöpferisch“ (P. Freire), gespeist aus ungeduldiger„revolutionärer Geduld“.
  17. Könnten Geflüchtete in unseren Schulen vielleicht sogar Boten und – gemeinsam mit uns – „kritische ErforscherInnen“ (n. P. Freire) einer anderen, wahrhaft menschlichen Welt werden? – Zumal sie ja alle ohnehin schon erzwungen-negative „ProphetInnen“ eines weltweit aggressiven Kapitalismus sind, seine katastrophalen Folgen und „Zeichnungen“ in ihren Gesichtern und in ihren Seelen direkt als Anfragen in unsere humankapitalistischen, auf „ Integration“ und kulturell-soziale Assimilation getrimmten Schulen hineintragen.