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Erklärung des Politischen Komitees der Weltbegegnungen der Volksbewegungen zum Tod von Papst Franziskus

Aus Anlass des Todes von Papst Franziskus haben wir einen Artikel im Neuen Deutschland veröffentlicht unter dem Titel: Wider die Gleichgültigkeit. Ein befreiungstheologischer Aufruf, die Zuschauerrolle zu verlassen. Er kann hier abgerufen werden.

An dieser Stelle möchten wir die Erklärung des Politischen Komitees der Weltbegegnungen der Volksbewegungen zum Tod von Papst Franziskus veröffentlichen. Wir haben selbst an den Welttreffen teilgenommen und den Prozess mit begleitet.

Mit tiefer Trauer und unermesslicher Dankbarkeit nehmen die Volksbewegungen der Welt Abschied von unserem Bruder Franziskus – Papst, Hirte und Prophet –, der an der Seite der von der Geschichte Verstoßenen ging und uns lehrte, dass es nicht ausreicht, zu überleben: Wir müssen in Würde leben.

Foto des 3. Welttreffens der Sozialen Bewegungen 2016 im Vatikan, an dem wir uns auch beteiligt haben.

Unser geliebter Papst Franziskus war kein ferner Verbündeter,  sondern ein Wegbegleiter. Seit dem ersten Weltkongresses 2014 bis zu seiner letzten Botschaft sah er in den bescheidensten und rechtlosen Arbeitern, in denen ohne Land, Obdach und Arbeit, eine transformative Kraft, eine lebendige Hoffnung, einen Keim der Brüderlichkeit und Freundschaft, die eine wirklich bewohnbare Welt aufbauen kann. Er gab uns eine Stimme, erkannte uns als
„soziale Poeten“ an und vertraute uns eine Mission an, die wir nun mit noch größerem Engagement erfüllen müssen. Erklärung des Politischen Komitees der Weltbegegnungen der Volksbewegungen zum Tod von Papst Franziskus weiterlesen

Das Konzil von Nizäa als Moment der Konstantinischen Wende. Das erste Konzil im Licht des einundzwanzigsten

Anfang 2025 ist in 2. Auflage das Buch von Urs Eigenmann/Kuno Füssel/Franz J. Hinkelammert (Hg.) erschienen: Der himmlische Kern des Irdischen. Das Christentum als pauperozentrischer Humanismus der Praxis, Luzern 22025. In ihm behandelt Urs Eigenmann die Wende vom messianisch-biblischen Christentum zur staatsreligiösen, platonisierten Orthodoxie im Konzil von Nizäa und der konstantinischen Wende. Das Buch kann im ITP bestellt werden.

Hier veröffentlichen wir den neusten Text von Dr. Urs Eigenmann: Das Konzil von Nizäa als Moment der Konstantinischen Wende. Das erste Konzil im Licht des einundzwanzigsten weiterlesen

Der Wahlsieg der Rechten wurde von all denen vorbereitet, die diesen öffentlichen Rassismus salonfähig gemacht haben …

Nach dem Wahlsieg der Rechten in Frankreich im vergangenen Jahr hat der französische Philosoph Jaques Ranciere in einem Gespräch dazu folgendes gesagt. Seine Antwort sollte auch uns nachdenklich machen. Das Gesamtgespräch mit Octave Larmagnac-Matheron ist am 25. Juni 2024 im Philosophie Magazin veröffentlicht worden. Es ist hier nachzulesen: Jacques Rancière: „Es gibt keine Krise der Demokratie, weil es keine wirkliche Demokratie gibt“.

 … Was waren Ihre ersten Gedanken zum Erfolg des Rassemblement National bei den Europawahlen und zu Macrons Ankündigung, die Nationalversammlung aufzulösen?

Der Wahlsieg des Rassemblement National (RN) wurde seit langem erwartet. Und vor allem wurde er längere Zeit systematisch von unseren Regierungen vorbereitet – sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite –, die immer wieder betonten, dass die extreme Rechte die richtigen Fragen stelle, sie selbst aber allein in der Lage seien, die richtigen Antworten darauf zu geben. Sie wurde von all jenen vorbereitet, die nicht aufgehört haben, dem als populär geltenden Rassismus des RN einen „sauberen Rassismus von oben“ entgegenzusetzen; von all jenen, die diesen öffentlichen Rassismus salonfähig gemacht haben, indem sie ihm die Farben der Republik, des Laizismus, der Gleichstellung von Mann und Frau, des Kampfes gegen den Antisemitismus und anderer traditionell linker Werte verliehen haben. Das Problem ist nicht die Anzahl der Stimmen, die diese rassistische Partei erhält, sondern der Triumph des Rassismus in den Sphären der Regierung, der Medien und der Intellektuellen. Was Macron betrifft, so teilt er die gewöhnliche Illusion von Regierenden, die ihre bloße Lust an der Macht für den Besitz einer profunden strategischen Wissenschaft halten. Es ist besser, nicht zu sehr zu versuchen, in ihre dunklen Beweggründe einzudringen. …

Frühkirchlicher Pazifismus

Die von Thomas Gerhards vorgelegte Quellensammlung „Pazifismus und Kriegsdienstverweigerung in der frühen Kirche“ galt ab 1984 als „Geheimtipp“ in der christlichen Friedensbewegung. Die Online-Neuausgabe von 2024 kann verbreitet und digital hier heruntergeladen werden

 

Thomas Gerhards: Pazifismus und Kriegsdienstverweigerung in der frühen Kirche. Eine Quellensammlung. – Neuedition der sechsten Auflage von 1991. (= edition pace ǀ Regal: Pazifismus der frühen Kirche 2). Online-Ausgabe, 04.12.2024.

Volker Beck: Es reicht!

„Dieser Papst ist und war nie ein Theologe. Er ist ein Opportunist. Dafür lieben ihn manche. Andere halten ihn deshalb für den Totengräber der Kirche. Nostra Aetate hat er gerade beerdigt, und Johannes Paul II. gleich mit. Man kann ihn nur verachten. “

Sollte dieser Tweet von Volker Beck, dem Vorsitzenden der deutsch-israelischen Gesellschaft authentisch sein, dann wäre das ein neuer Tiefpunkt  seiner (und vieler anderer) alles Israel-regierungskritisches Denken haßerfüllten Diffamierung.

Die volksstürmerische Agitation gegen alle, die sich um ein differenziertes Denken und Handeln im Konflik Israel – Gaza – Westbank bemühen, ist in keiner Weise mehr nachvollziehbar. Dazu gehören insbesondere die umstandslosen und undifferenzierten Antisemitismusvorwürfe gegen kairos-Palästina oder BDS, und jetzt auch dieser Post. Die geiferische Unterstützung einer israelischen Regierung, die nur die Waffengewalt als mögliche Lösung des Konflikts proklamiert, wird am Ende dastehen als das, was sie ist. Sie wird nichts zur Lösung der historischen Probleme beitragen, sondern das Gegenteil erreichen: die Zementierung der Auswegslosigkeit aus diesem tödlichen Konflikt. Insofern ist Volker Becks hemmungsloses Agitieren kein Ausdruck eines Kampfes gegen den Antisemitismus, sondern wird sich letztlich als zusätzliche Delegitimierung Israel darstellen. Wir haben aber wenig Hoffnung, dass er diese Form von historischem, dialektischen Denken beherrrscht. Dazu ist seine Schwarz-Weiss-Malerei zu deutlich.

Und hier der Link zur Botschaft von Past Franziskus zum  Weltfriedenstag.

Antônio Canuto

Nicht viele werden seinen Namen kennen, noch weniger hier in Deutschland werden ihn gekannt haben: Antônio Canuto. Als ehemaliger Priester in São Félix do Araguaia in Brasilien war er der rechte (und linke) Arm von Bischof Pedro Casaldaliga. Er war vielen ein großartiger Weggefährte, ein radikaler Franziskaner. Er war nicht nur der ehemalige Generalsekretärs der Landpastoralkommission der brasilianischen Bischofskonferenz, er war lange Jahre das Gesicht der CPT und deshalb irgendwie auch der legendären brasilianischen Landlosenbewegung MST. Antônio Canuto gehörte zu jener Generation, die dem Christentum Glaubwürdigkeit verschafft haben. Er kam aus Rio Grande do Sul in den mittleren Westen Brasiliens, um sein Leben den Armen und der sozialen Gerechtigkeit zu widmen:  Nun ist er gestorben. Wir werden ihn sehr vermissen.

Zur Erinnerung an das Massaker vom 16.11.1989 in San Salvador: Die Toten sind nicht tot?

Michael Ramminger

Foto: M. Ramminger

Am 16. November 1989, also vor 35 Jahren, wurden in El Salvador an der Zentralamerikanischen Universität UCA die Jesuiten Ignacio Ellacuría, Segundo Montes, Ignacio Martín-Baró, Joaquín López y López, Juan Ramón Moreno und Amando López im Garten ihres Wohnhauses erschossen. Auch die Köchin Elba Ramos und ihre Tochter Celina wurden ermordet, die in dieser Nacht Schutz im Haus der Jesuiten vor den Kämpfen des Bürgerkriegs gesucht hatten. Sie wurden vom Atlacatl-Bataillon, einer Art „Anti-Terror“- Einheit auf Befehl des Militärs erschossen. Die Ermordung war als Gegenaktion zu einer massiven Offensive der 1980 gegründeten salvadorenischen Befreiungsbewegung FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional) gedacht. Bei dieser Offensive drang die Guerilla bis in die Hauptstadt und viele Armenviertel vor. Es bleibt wohl für immer unbeantwortet, ob die FMLN nicht bereits Anfang, Mitte der achtziger Jahre die Regierung hätte stürzen können, wäre diese nicht so massiv von den USA unterstützt worden. Zur Erinnerung an das Massaker vom 16.11.1989 in San Salvador: Die Toten sind nicht tot? weiterlesen

Gustavo Gutierrez zu würdigen

Gustavo Gutiérrez aus Peru, der Mitinitiator der Befreiungstheologie, starb am 22. Oktober 2024 in Lima. Das ITP – aus politisch-theologischem und befreiungstheologischem Denken inspiriert – weiß sich von Gustavo´s Werk motiviert.

Befreiungstheologe aus Leidenschaft für das Leben

Der 1928 geborene Gutierrez studiert in Lima, Löwen und Lyon Medizin, Philosophie, Psychologie und Theologie. Als Priester der Erzdiözese Lima ist er lange Zeit als Pfarrer im Armenviertel Rimac/Lima tätig und zugleich Professor für Theologie und Sozialwissenschaften an der Katholischen Universität in Lima. Damit beglaubigt er die These, die seinem theologischen Arbeiten die Richtung weist: „La teología es una inteligencia del compromiso“ – Theologie ist kein frommes Glasperlenspiel. Theologie ist vielmehr intellektuelle Erkenntnis, die im Glauben an den Gott des Lebens aus dem Engagement an der Seite der Armen stammt, weil ihnen das „Recht auf Rechte“ verwehrt wird und sie zu vorzeitigem Tod verdammt sind. Gutiérrez fragt sich selbst, aber ebenso die Kirche und ihre Theologie, wie kann man von einem Gott der Liebe inmitten von Armut und Unterdrückung sprechen; wie vom Gott des Lebens zu Menschen reden, die tagtäglich einen ungerechten, gewaltsamen und vorzeitigen Tod sterben; wie von Auferstehung mitten in einer Lage, die das Zeichen des Todes an sich trägt; wie von dem gütigen Vatergott in einer unmenschlichen Welt; denn das heißt doch dem zur Unperson gemachten Menschen sagen, dass er/sie Sohn/Tochter Gottes sei. Diesen Grundfragen müssen sich die Theolog*innen stellen, wenn sie nicht zu überflüssigen Tröstern werden wollen wie die Freunde Hiobs im Alten Testament. Gustavo Gutierrez zu würdigen weiterlesen

Wann beginnt der Vorkrieg?

Eine Erklärung des AK-ReligionslehrerInnen zur Bundesbildungsministerin

Wir müssen den Mut haben, den Kindern den Frieden zu erklären!“ (Hermann Steinkamp)

Während des Höhepunktes der nuklearen Aufrüstung Anfang der 1980er Jahre schreibt Christa Wolf die Erzählung „Kassandra“. In ihr stellt sie eine noch immer gültige Frage:

„Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg. Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen, in Ton, in Stein eingraben, überliefern. Was stünde da? Da stünde, unter andern Sätzen: Lasst euch nicht von den Eignen täuschen.“

Der Vorkrieg hat spätestens dann begonnen, wenn von Frieden zu sprechen als Feigheit interpretiert wird, wenn nicht mehr gesagt werden darf, dass ein Weg zu einem Frieden nur über Verhandlungen möglich ist und wenn die einzig denkbare Form des „Friedens“ der Siegfrieden ist. Der Vorkrieg hat auch dann begonnen, wenn die Kriegsrhetorik sich in alle Fasern einer Gesellschaft ausbreitet – auch in die Schulen. Wann beginnt der Vorkrieg? weiterlesen

Elf Jahre Pontifikat Franziskus

Michael Ramminger, 13.03.2024

Heute vor elf Jahren begann das Pontifikat von Papst Franziskus. Die Wahl dieses Papstes war ein bewegender Moment nach all der nachkonziliaren Erstarrung und Rückwärtsgewandheit der Vorgängerpäpste. Schon sein erster öffentlicher Auftritt verwies auf seine Anliegen: Er verzichtete auf die traditionellen roten Schuhe und trug stattdessen seine normalen Straßenschuhe. In der bundesdeutschen katholischen Öffentlichkeit war die Begeisterung für den neuen Papst groß. Er schien eine Kirche und eine Theologie zu wollen, die sich den Problemen der Welt, den „Zeichen der Zeit“ stellt. Elf Jahre Pontifikat Franziskus weiterlesen