Willkommenskultur statt Abschiebungsmanagement

Offener Brief an die Fraktionen des Rates der Stadt Münster_22 Oktober 2017An die Fraktionen des Rates der Stadt Münster

Münster, den 23.10.2017

Offener Brief an die Fraktionen des Rates der Stadt Münster

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Pläne der Landesregierung und der Verwaltung in Münster, eine Zen­trale Ausländerbehörde (ZAB) zu errichten, beunruhigen uns stark. Diese Einrichtung, die einzig für das so genannte „Rückkehrmanagment“ zustän­dig sein soll, dient den Plänen der Landesregierung, Abschiebungen und sogenannte freiwillige Ausreisen zentral durchsetzen und durchführen zu können. 

Als Münsteraner Bürgerinnen und Bürger sehen wir es als zentrale Aufgabe kommunaler Ausländerbehörden an, gemeinsam mit den Menschen, die in Münster leben, nach Perspektiven zu suchen, wie sie hier auf Dauer einen Ort zum Wohnen, Arbeiten und Leben finden können. Eine solche Perspek­tivensuche, die auch Situationen von psychischen und physischen Erkran­kungen und anderen sozialen und humanitären Notlagen berück­sichtigt, halten wir für zentral für eine humane Flüchtlingspolitik. Diese sehen wir durch eine Behörde massiv gefährdet, deren Fokus auf einer Steigerung der Zahlen von Abschiebungen und Rückführungen liegen soll. Doch genau das scheint aus unserer Sicht derzeit von der Landesregierung politisch gewollt zu sein.

Für eine humane Flüchtlingspolitik hat sich der Rat der Stadt Münster in der Vergangenheit wiederholt stark gemacht. So hat er 2010 mit einer Re­so­lution die Landesregierung aufgefordert, Abschiebungen von Minder­heiten in den Kosovo auszusetzen und sich für ein Bleiberecht dieser Menschen auf Bundesebene einzusetzen. Der Rat hat damals die Ver­wal­tung beauftragt, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Abschiebungen von Minderheiten in den Kosovo zu verhindern. Erst in diesem September hat der Stadtrat ein wichtiges Zeichen für eine humane Flüchtlingspolitik gesetzt, indem er sich gegen Abschiebungen nach Afghanistan ausge­sprochen hat. Der geringe Zuspruch, den die fremdenfeindliche AfD in Mün­ster bei der Bundestagswahl erfahren hat, kann auch als Erfolg all jener gesehen werden, die sich seit Jahren und Jahrzehnten um eine Stadt­gesellschaft bemühen, in der Willkommenskultur und eine humane Flücht­lingspolitik zum Alltag gehören sollten.

Vor diesem Hintergrund fordern wir Sie als Mitglieder des Rates der Stadt Münster auf, sich gegen die Pläne der Landesregierung zu stellen, eine Zen­trale Ausländerbehörde in Münster zu errichten. Der Rat sollte eine Landespolitik kritisieren, die durch solche Behörden Abschiebungen effizienter, schneller und zahlreicher durchführen möchte. Stattdessen wollen wir weiterhin gemeinsam an einer Stadtgesellschaft und einer Poli­tik arbeiten, die nach Perspektiven und Möglichkeiten sucht, damit alle, die in dieser Stadt leben, hier dauerhaft wohnen und arbeiten können.

Mit freundlichen Grüßen

 

Die Erstunterzeichnenden dieses offenen Briefes sind:

Wilhelm Achelpöhler, Rechtsanwalt

Bruder Dr. Bernd Beermann, Kapuziner

Christoph Tiemann, Kabarettist, Autor, Schauspieler

DONOTS, Musiker

Mechthild Düsing, Rechtsanwältin

Prof. Dr. Reinhard Feiter, Professor für Pastoraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster

Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender, GGUA Flüchtlingshilfe Münster

Pfarrerin Alexandra Hippchen, Münster

Prof. Dr. Clemens Leonhard, Professor für Liturgiewissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster

Dr. Julia Lis, Institut für Theologie und Politik

Peter Mai, DGB-Stadtverbandsvorsitzender

Prof. em. Dr. Norbert Mette, Münster

Dr. Michael Ramminger, Institut für Theologie und Politik

Prof. em. Dr. Hermann Steinkamp, emeritierter Professor für Pastoraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster

Dr. Georgios Tskalidis, Intergrationsrat der Stadt Münster

Prof.’in Dr. Marie-Theres Wacker, Professorin für Exegese des Alten Testaments und Theologische Frauenforschung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster

Dr. Ömer Lütfü Yavuz, Vorsitzender des Integrationsrates der Stadt Münster