„Wie lange müssen wir das noch ertragen?“ Brief zu Kardinal Müller

Brief aus der Studierendengemeinde der Universität von Uruguay an die Kardinalsgruppe C 9

Sehr geehrte Herren Kardinäle!

Der Friede des Herrn sei mit euch!

Wir schätzen Ihr Engagement, Ihre Mühe und Ihre Sorgfalt bei der ihnen vom Heiligen Vater anvertrauten Mission. Wir wissen, dass Ihr Arbeitsprogramm umfangreich ist. Ebenso wissen wir, welch gründliche Überlegung, Kreativität und Entschiedenheit bei der Behandlung verschiedener Themen, von denen viele seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in einem Giftschrank versperrt waren, erforderlich sind.

Wir beten immer wieder für Sie, aber wollen das Gebet ergänzen durch einen Hinweis auf die Sturheit von Menschen in bestimmten Positionen. Diese beleidigt die Empfindungen vieler Christen, stößt andere ab und vertreibt sie, alle aber leiden darunter. Das Verhalten von Menschen, Dikasterien und anderen Strukturen in der Organisation unserer Kirche hat eine Tendenz zur Bürokratisierung. Es beschädigt ernsthaft die Synodalität und Funktionalität der Kirche.

Wir sind deshalb besorgt, weil dieses Verhalten verschiedene Pathologien hervorruft, u.a. breitet sich dadurch Überheblichkeit aus. Ein besonders beredtes Beispiel dafür finden wir in Kardinal Müller. Er arbeitet nicht sehr effizient. Unter seiner Führung legt sich vielmehr ein Schleier von Strafe sowie Verschweigen abweichenden Verhaltens und Spaltung über die Kirche.

Aber außerhalb des Vatikan verbreitet er unwahre Widersprüche in der Kirchenleitung und korrigiert selbst den Papst. Er setzt sich über das hinweg, was das kirchliche Lehramt zum Thema sagt. Sein Verhalten gegenüber der Befreiungstheologie hat mehr mit Opportunismus zu tun als mit der Anerkennung vieler Theologen, die in Lateinamerika mit exemplarischer Ernsthaftigkeit ihre Arbeit tun.

Sein Verhalten, sein Benehmen und seine grundsätzliche Kritik, mit der er einen Theologen wie Hans Küng angegriffen hat, verletzen auch uns. Hans Küng hat im Verhalten gegenüber Papst Benedikt und Papst Franziskus seinen Glauben und seine Herzlichkeit erwiesen, selbst bei Meinungsverschiedenheiten. Er verdient es nicht, so misshandelt zu werden, wie Herr Müller das auf seiner Reise nach Spanien tat.

Die Zeit ist gekommen, so zu handeln, wie es unsere Berufung zum Dienst verlangt, und dafür zu sorgen, dass der Heilige Geist wirken kann. Das gilt für die gesamte kirchliche Organisation, daher also auch für die Glaubenskongregation, die sich nicht als Kontrollinstanz verstehen darf, sondern dazu beizutragen hat, dass die persönliche Glaubens-Beziehung mit Gott leichter möglich ist. Wir glauben, dass Sie mit Ihrer Arbeit positiv und kreativ wirken können, wenn sie etwas ändern, eine Versetzung oder Absetzung vornehmen. Wir wollen für die Einheit der Kirche eintreten, aber auch in der Ökumene und im interreligiösen Dialog vorankommen. Wir haben viel zu tun, um Wege der Barmherzigkeit zu bahnen, und keine Zeit, uns gegen Fehlleistungen zu wehren, die aus fiebriger Überheblichkeit entstehen.

Eine Reihe von Theologen hat bereits auf Herrn Müller reagiert. Wir fragen uns: Wie lange müssen wir das noch ertragen? Wir wollen Ihre Arbeit nicht erschweren, sondern erleichtern. Aber ebenso die Arbeit vieler Theologen, die wir brauchen, damit sie unseren Weg klären helfen. Es würde uns sehr freuen, wenn auch Ihre Arbeit und Ihr Engagement, zusammen mit Papst Franziskus das Kreuz zu tragen, uns alle zu besserer Einsicht brächte und mit der Liebe erfüllen würde, zu der Jesus uns aufordert.

Wir müssen den Schutt abtragen, der in längst vergangener Zeit angehäuft wurde. Das kann Herr Müller wohl nicht verstehen, weil er ihm noch verhaftet ist.

Wir versichern Sie unserer tiefsten Anerkennung und unserer ständigen Gebete, damit ihr Leben ein Dienst sein kann. Wir senden Ihnen unsere geschwisterlichen Grüße

Katholikinnen und Katholiken aus der Studierendengemeinde Uruguay

María Elena Bicera
Hugo Bielli
Rubén Cañete
Lía Cosse
Ramón Firme
Carlos Cagno
Olga Scarón
Jorge Scuro
Daisy Solari
Saúl Irureta,
Gloria Aguirrebere,
Roberto Speranza

Montevideo, im Mai 2016

Quelle:
http://www.reflexionyliberacion.cl/ryl/2016/05/25/denuncian-oportunismo-del-cardenal-muller/

Übersetzung aus dem Span.: Norbert Arntz Kleve/Münster