Neu: ITP Rundbrief Nr. 46

Rundbrief 46Der ITP Rundbrief Nr. 46 ist online und steht auch als PDF kostenlos zur Verfügung. ITP Rundbrief 46

Inhaltsverzeichnis

ITP-Team: Editorial

Julia Lis und Michael Ramminger: Neue Strategische Allianzen. Das ITP beim Welttreffen der Sozialen Bewegungen in Rom.
Barbara Imholz: Wir sagen „nein“ zum System der Todsünde! Beteiligen wir uns am G20-Protest in Hamburg!
Cordula Ackermann und Philipp Geitzhaus: Fundraising am ITP?! Zur Institutionalisierung Politischer Theologie.
Pilar Puertas: Mexiko bebt! Hoffnung wider Trump und Neoliberalismus.

Editorial

Liebe Freundinnen und Freunde des ITP,

das Jahr 2017 hat mit einem Paukenschlag begonnen. Donald Trump ist im Januar in das Amt des Präsidenten der USA eingeführt worden und hat seinen Worten auch schon erste Taten Folgen lassen. Der Mauerbau an der Grenze zu Mexiko wurde in Auftrag gegeben, verschärfte Maßnahmen gegen MigrantInnen wurden eingeführt usw.

Die Sorge vor dem Erstarken rechtspopulistischer Parteien und Bewegungen ist aber auch in der EU groß und viele propagieren dagegen die vereinte, breite Front. Doch gilt es zu beachten, dass Abschiebeprogramme oder Grenzsicherung mit Zäunen und Mauern keine mögliche Zukunftsmusik sind, sondern bereits unter den bestehenden Regierungen gängige (bzw. beschlossene) Praxis.

Wer jetzt den einen Zeigefinger auf Trump richtet, sollte Merkel, de Maizière & Co nicht aus den Augen verlieren: Die vorverlagerten Grenzschutzmaßnahmen der EU sind keinen Deut besser als Trumps Mauer, sie sind nur unsichtbarer und werden rhetorisch vielleicht stärker verschleiert: noch immer gilt Merkel manchen in Europa als Freundin der Aufnahme von notleidenden Geflüchteten. Um so wichtiger ist deswegen ein entschiedener Protest gegen diese entmenschlichte Interessensverteidigung in Deutschland, in den USA, im gesamten globalen Norden.

Auch im ITP ist Protest angesagt. Mit einem ChristInnen-Aufruf „Gegen G-20: Diese Welt anders!“ laden wir alle ein sich gemeinsam mit uns an den Protesten gegen den G-20 Gipfel im Juli 2017 zu beteiligen. Auch das Reformationsjubiläum lädt ein, sich aus theologischer Perspektive mit Reformation und Revolution auseinanderzusetzen. Das wollen wir auf einer bereits ausgebuchten Reise im Juli auf den Spuren Thomas Müntzers tun und bei der 10. Befreiungstheologischen Sommerschule unter dem Titel „Reform:ation – Revolution. Eine andere Kirche für eine andere Welt“ im September.

Dieses Jahr verspricht also nicht nur ein sorgenvolles, sondern auch ein umkämpftes Jahr zu werden, voller Mut, Hoffnung und Auferstehung: Insurrección – Resurrección! – Aufstand – Auferstehung!

Dass es nicht nur um Trump geht, zeigen auch die Beiträge in diesem Rundbrief. Wir wünschen eine anregende Lektüre!

Ihr und euer ITP-Team

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Neue strategische Allianz?

Das Institut für Theologie und Politik beim Welttreffen der Sozialen Bewegungen in Rom

Julia Lis und Michael Ramminger

Bereits zum dritten Mal hat Papst Franziskus im November diesen Jahres die Sozialen Bewegungen aus aller Welt zu einem Treffen eingeladen. Das ITP ist nun im November zum ersten Mal dort vertreten gewesen und konnte so Einsichten und Eindrücke aus erster Hand gewinnen.

Diese Welttreffen auf Initiative des Papstes sind insofern ein Novum, dass der Papst hier, um die Probleme und die Zukunft der Welt zu thematisieren, nicht Regierungschefs, PolitikerInnen oder WirtschaftsvertreterInnen trifft, sondern jene, die Politik von unten machen und dabei oft als Störenfriede gelten. Die Bewegungen, die hier zusammenkommen, repräsentieren ein breites Spektrum: Landlosenbewegungen, Basisgewerkschaften, die vor allem ArbeiterInnen im informellen Sektor organisieren, Initiativen, die versuchen durch Häuserbau in den indischen und afrikanischen Slums menschenwürdige Wohnbedingungen herzustellen, Gruppen, die sich in Europa gegen Zwangsräumungen engagieren und Angehörige der kurdischen oder auch der palästinensischen Befreiungsbewegungen. Aus Deutschland waren neben dem ITP (das einen Beobachterstatus hatte, weil es nicht als Soziale Bewegung im engeren Sinn aufgefasst werden kann) die Refugee-Welcome-Bewegung und Blockupy International vertreten.

Diversität: Stärke und Problem zugleich

Um Diversität und möglichst breite Repräsentanz war der Kreis der OrganisatorInnen der Welttreffen, zu dem neben dem argentinischen Gewerkschaftler und Vertrauten von Papst Franziskus, Juan Grabois, vor allem die MST aus Brasilien, die WBCA und Slum Dwellers International gehören, bereits in seiner Einladungspolitik sichtbar bemüht. So war es gelungen, VertreterInnen aus fast 70 Ländern im November 2016 in Rom zu versammeln. Diese Diversität entpuppte sich, gerade weil es der Anspruch des Treffens war, über eine bloße Aufzählung der existierenden Probleme hinauszukommen und nach gemeinsamen Forderungen und Handlungsoptionen zu suchen, auch als Schwierigkeit: zu divers und zu unmittelbar wurden die Probleme häufig besprochen. Gerade wir europäischen VertreterInnen mussten immer wieder feststellen, dass unsere Situation oft nur wenig Berücksichtigung fand: Sind es doch gerade in Europa nur sehr selten die organisierten Armen, die progressive Soziale Bewegungen bilden, sondern viel eher politisch engagierte AktivistInnen und Intellektuelle aus der Mittelschicht. Dennoch stellt es eine Errungenschaft der Treffen dar, dass es ein Bewusstsein dafür gibt, sich nicht allein daran zu erfreuen, dass an so vielen Orten der Welt Menschen sich in unterschiedlicher Weise für Gerechtigkeit, ein Ende der Ausbeutung von Mensch und Natur und für ein menschenwürdiges Leben für alle engagieren, sondern auch nach einer gemeinsamen Strategie zu suchen, um real in die Verhältnisse eingreifen zu können.

Begegnung mit Papst Franziskus

Nach drei Tagen, die mit Diskussionen in Panels und Arbeitsgruppen ausgefüllt waren, welche neben den drei klassischen Themen der Treffen Land, Arbeit und Wohnen diesmal auch die Krise der repräsentativen Demokratie und die Migrationsfrage thematisierten, fand die Begegnung mit Papst Franziskus in der vatikanischen Audienzhalle statt, zu der neben den TeilnehmerInnen des Welttreffens auch VertreterInnen italienischer, sozial engagierter Gruppen eingeladen waren. TeilnehmerInnen des Treffens übergaben dem Papst ein Abschlussdokument mit einigen Vorschlägen der Bewegungen für politische Veränderungen, die dringend anstehen. So wurde etwa ein universales Weltbürgerrecht gefordert, um den gesellschaftlichen Ausschluss von MigrantInnen zu beenden oder der sofortige Stopp von Gentechnologie in der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion. Der Papst antwortete auf diese Forderungen mit einer Ansprache, in der seine Kapitalismuskritik aufgriff und zuspitzte: „Das System ist terroristisch!“ Er ging auf das Übertreten des Sabbatgebotes durch Jesus und seine Jünger ein und stellte dies in Zusammenhang mit dem Handeln der Sozialen Bewegungen, wenn sie Land oder Fabriken besetzen und somit Gesetze um der Würde der Menschen willen überschreiten.

Und die Kirche?

Mit dieser Form der Gesetzeskritik hat Papst Franziskus zwar den Zusammenhang hergestellt zwischen dem Tun der Sozialen Bewegungen und der Botschaft des Evangeliums und damit ein befreiungstheologisches Motiv aufgegriffen. Sonst aber blieb die Befreiungstheologie bei dem Treffen ziemlich ausgeklammert. Das mag auch daran gelegen haben, dass bewusst nicht vor allem kirchliche Bewegungen und Gruppierungen eingeladen werden sollten. Aber es macht auch deutlich, dass die Geschichte der Befreiungstheologie immer noch zu einem gefährlichen und deshalb oft verdrängten Erbe gehört. Die Kirche wird dann eher als Gegenüber wahrgenommen, an das Forderungen gestellt werden. Aber der Gedanke, dass Kirchenreform und Gesellschaftsveränderung zusammengehören, dass die Kirche eine andere werden muss, um wirksam gegen die strukturelle Unterdrückung und Ausbeutung kämpfen zu können und dass aber vor allem dieser Kampf die Kirche selbst fundamental verändern wird, braucht ein Bewusstsein, dass wir gemeinsam weiter verbreiten müssen. Vielleicht können dazu die Welttreffen der Sozialen Bewegungen und die damit verbundenen Bemühungen um eine strategische Allianz zwischen der Kirche und diesen Bewegungen einen entscheidenden Beitrag leisten.

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Christinnen und Christen! Wir sagen „nein“ zum System der Todsünde!

Beteiligen wir uns am G20 Protest in Hamburg!

von Barbara Imholz

Vom 7. bis 9. Juli treffen sich die Staatschefs der reichsten 20 Länder der Erde in Hamburg, um ihre Geschäftsordnung einer aus den Fugen geratenen Welt aufeinander abzustimmen. Doch während sie diskutieren, werden tausende Menschen ihren Protest auf die Straße tragen und sagen: „Grenzenlose Solidarität statt G20!“.

Es geht um „Resilienz“

Die Staatschefs der G20 werden im Zentrum von Hamburg ihre Geschäftsordnung des Kapitalismus verhandeln. Schadensbekämpfung nennt man das, denn es geht ihnen, so hört man, nicht darum, Lösungswege für die drängenden Probleme zu suchen, sondern um „Resilienz“. Übersetzt heißt das, die angeschlagenen und nicht mehr leistungsfähigen Volkswirtschaften sollen in die Lage versetzt werden, ohne zu murren mit dem Mangel zu leben und die Verhältnisse zu akzeptieren. Übersetzt heißt das auch, die Menschen „stark“ zu machen, Kriege als Mittel der Politik einzusehen, entsprechend staatlich verordnete Terrorismusbekämpfung nach innen und außen als geeignete Sicherheitsvorkehrung zu betrachten sowie Grenzzäune und Lager als notwendige Maßnahmen zu begrüßen, um Flucht und Migration weltweit im Sinne der herrschenden Ökonomien zu regulieren.

Dieses Treffen mitten in einer deutschen Großstadt ist eine Provokation. Die Botschaft der Mächtigen lautet: Wir machen, was wir für richtig halten und niemand wird uns dabei stören und uns davon abhalten. Die Botschaft ist angekommen.

Die Aktionstage in Hamburg

Wir werden auch da sein! Die Protesttage werden in einem „Dreiklang“ realisiert, indem am Mittwoch und Donnerstag vor dem Gipfel ein „Gegengipfel“ mit inhaltlichen Foren, Diskussionen und Workshops die brennenden Probleme global aus einer Perspektive „von unten“ beleuchten wird (5./6. Juli). Zahlreiche NGOs wie Misereor, Brot für die Welt, um nur bekannte kirchliche Einrichtungen zu nennen, aber auch Umweltverbände und politische Akteure eines breiten Spektrums lassen es sich nicht nehmen, Flagge zu zeigen und ihrer Kritik Gehör zu verschaffen. Am Freitag (7. Juli) folgen Aktionen zivilen Ungehorsams dar. Viele Menschen werden sich nicht davon abhalten lassen, den Ort des Geschehens aufzusuchen, um zu zeigen, dass die Mächtigen keine Macht über sie haben. Es wird symbolisch nach einem Ausdruck gesucht, entschieden der Arroganz der Macht gegenüberzutreten und zu demonstrieren, dass man Angst auch überwinden kann. Eine Großdemonstration am Samstag (8. Juli) schließt den Dreiklang ab. Die Veranstalter, ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Akteure, rechnen schon jetzt mit großer Beteiligung. Ein Camp wird allen die Möglichkeit geben, gemeinsam und selbstorganisiert die Aktionstage zu erleben, sich zu treffen, zu planen, zu feiern. Die evangelische Nordkirche wird sich ebenfalls mit vielen Veranstaltungen schon im Vorfeld, aber auch mit parallel laufenden Friedensgebeten und Gottesdiensten beteiligen.

„Diese Wirtschaft tötet“

Warum wir es für wichtig halten, sich an den Protesten zu beteiligen? Die kapitalistische Weltunordnung treibt uns in einen Strudel von Gewalt und Tod, wenn wir nur bereit sind, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Während ich diesen Text verfasse, ruft die Weltgesundheitsorganisation dazu auf, eine humanitäre Katastrophe im Sudan zu verhindern, weil Millionen von Menschen, überwiegend Kinder, vom Hungertod bedroht sind. 2011 war es Somalia und der berühmte Soziologe und ehemalige UN-Sonderberichterstatter Jean Ziegler schrieb seine ungehaltene Rede „Aufstand des Gewissens“ mit dem aufrüttelnden Satz: „Jedes Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet“. Papst Franziskus hat es auf den Punkt gebracht: „Diese Wirtschaft tötet“. Und wenn wir schon in Deutschland und Europa das Privileg genießen, nicht an Hunger zu sterben, so interessiert sich der Kapitalismus genauso wenig in seinem Wachstums- und Verwertungswahn für die Seele der Menschen. Mit unendlicher Grausamkeit stumpft er uns ab und gewöhnt uns an die unbeschreibliche Ungerechtigkeit im realen Dasein der Weltgesellschaft, die als Naturzustand dargestellt wird.

Dagegen stehen wir auf und sagen „nein“ zu diesem System der Todsünde, das Gott und uns Menschen in seiner Ebenbildlichkeit verhöhnt, verachtet, benutzt, verwertet, zu Abfall macht, uns verdursten und ertrinken lässt. Seien wir solidarisch und kämpfen wir gemeinsam dagegen an. Geben wir nicht die Hoffnung auf und setzen wir unser Leben und die Zukunft gegen die Monster der Gegenwart.

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Fundraising am ITP?!

Zur Institutionalisierung politischer Theologie

Cordula Ackermann und Philipp Geitzhaus

Wie viel Institution braucht politische Theologie? Wie sollte sich ein kritisches Christentum organisieren? Und welche materiellen Mittel braucht es dazu? Vor drei Jahren stellten sich diese Fragen ganz konkret im Institut für Theologie und Politik und aus intensiven Diskussionen ging die Entscheidung hervor ein Fundraising-Programm zu starten. Nun ist es Zeit für eine Bilanz.

Ein neuer Schritt

Seit fast 25 Jahren wird am ITP politische Theologie an der Schnittstelle von Kirchen und sozialen Bewegungen getrieben. Um dies unabhängig zu tun, wurde die Arbeit größtenteils ehrenamtlich geleistet, doch nach 20 Jahren war dieses Modell an seine Grenzen gekommen. Sandra Lassak und Ludger Weckel beendeten ihre Arbeit im ITP, wodurch sich die Herausforderung stellte, die Infrastruktur des Instituts so umzugestalten, dass die vielen Projekte bzw. die inhaltliche und organisatorische Arbeit langfristig gewährleistet und erweitert werden konnte. Es wurde notwendig, für die Durchführung und Begleitung dieser Projekte und Arbeitsfelder neben dem ehrenamtlichen Engagement auch feste Stellen zu schaffen.

Das ITP wurde von Anfang an hauptsächlich durch Spenden finanziert. Auf Grund der dadurch ermöglichten Unabhängigkeit sollte dieses Konzept auch beibehalten werden. Jedoch galt (und gilt) es für die Umstrukturierung der politisch-theologischen Arbeit weitere UnterstützerInnen zu gewinnen und Spenden einzuwerben: also Fundraising zu betreiben. Dieser Entscheidung gingen kontroverse Diskussionen über das Fundraising und seine Funktionsweise voraus. Zahlreiche Vereine und Organisationen werben um Unterstützung und Spenden und konkurrieren um Aufmerksamkeit auf dem Markt. Damit entsteht die Gefahr, dass Anschlussfähigkeit und Attraktivität mutigen oder streitbaren Positionierungen vorgezogen werden, um sich so auf diesem Markt behaupten zu können. Wir wollen aber weder betteln noch unsere inhaltliche Arbeit den Regeln dieses Marktes unterwerfen. Dennoch ist im Kapitalismus Geld die die materielle Grundlage für die Sicherung der Arbeit und derjenigen, die sie tun. Wie sollte man also um Unterstützung fragen? Bedeutet Fundraising, die eigenen Projekte daran zu orientieren, ob sie präsentierbar bzw. „vermarktbar“ sind? Bedeutet das, die eigenen Positionen aufzuweichen oder streitbare Themen nicht mehr aufzugreifen?

Spenden schaffen Unabhängigkeit

In der Fundraising-Branche wird analysiert, welche und wie viele Personengruppen, auf welche Bilder, Slogans und (Werbe-)Formate reagieren, um auf dieser Basis Konzepte für NGOs und Vereine zu entwickeln. Ein Institut mit politisch-theologischen Inhalten hat unterschiedliche Schwierigkeiten mit diesen Konzepten. Zum einen entspricht die marktförmige Logik des Fundraisings in vielem genau dem, was aus politisch-theologischer Sicht kritisiert werden muss. Zum anderen kann nicht mit Bildern von süßen Kindern oder flauschigen Tieren geworben werden. Wir haben also mit professioneller Unterstützung daran gearbeitet, eine Form des Fundraisings zu finden, die wir als ITP vertreten können. Ein wesentliches Element dieses Konzepts ist der direkte Bezug unserer Fundraising-Materialien zu den Inhalten unserer Arbeit. Die Aussagen, mit denen wir um Unterstützung bitten, sollen nicht ihre breite Anschlussfähigkeit als Maßstab haben, sondern den theologischen und politischen Positionen des ITP entsprechen. Und nicht nur Inhalte sollen dadurch transparent kommuniziert werden, sondern auch unsere Arbeitsweisen und Arbeitsbedingungen, die sich ja wesentlich von den Bedingungen an Universitäten oder in kirchlichen Bildungshäusern unterscheiden. Dazu gehört auch die Transparenz über die Art und den Umfang der Unterstützung, die wir für diese Arbeit brauchen. Wir haben in den drei Jahren des Fundraisingprogramms viel positive Resonanz erhalten, dass wir deutlich kommunizieren, was wir machen und brauchen Das bestärkt uns in unserem Anliegen und unsererArbeitsweise.

Orte jenseits von Amtskirche und Uni

Basiskirchliche Gruppen und Organisationen haben immer schon um Orte jenseits von Landeskirchen- bzw. Diözesanstrukturen oder theologischen Fakultäten gerungen. Aus diesem Impuls heraus ist auch das ITP gegründet worden. In den letzten Jahren ist das ITP immer mehr auch ein Ort für christliche und andere politische Gruppen geworden. Gemeinsame Projekte z.B. zum 50. Konzilsjubiläum haben uns bereichert und bestärkt. Durch die hinzugewonnene Unterstützung haben wir neue Projekte im Bereich der Veröffentlichung theologischer Bücher und Arbeitsmaterialien, der Zusammenarbeit mit Kirchenreform- und politischen Gruppen und besonders im Bereich christlichen Engagements für und mit Geflüchteten in Angriff nehmen können. In diesem Sinne wollen wir die Arbeit mithilfe der eingeworbenen Spenden angesichts der herrschenden Verhältnisse weiterführen.

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Mexiko bebt

Hoffnung wider Trump und Neoliberalismus

(gekürzte Version)

Pilar Puertas

Donald Trump hat die Drohungen seiner Kampagne-Reden in direkte Aktionen gegen Mexiko und die MexikanerInnen umgesetzt. Feststeht, dass diese Aktionen und der Umgang mit ihnen, Auswirkungen auf die Zukunft des Landes haben werden. Die eigentlichen Probleme des Landes liegen jedoch woanders.

35 Jahre Neoliberalismus

Man wird der Tatsache nicht ausweichen können, dass das größte Problem Mexikos nicht Trump ist, sondern eine Reihe von internen Faktoren, die die Wurzel der tiefen Krise bilden, die das Land durchmacht: die Ungleichheit, die Gewalt, die Korruption und die Straffreiheit.

Seit 1982 kontrolliert eine Gruppe von Technokraten den Regierungsapparat und hat ihn in den Dienst des Kapitals gestellt sowie eine Strategie der ökonomischen Unterordnung unter die Wirtschaft der USA installiert. 1990 begannen die Verhandlungen, die zum nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) führten. Was die mexikanische Regierung anbot, um ausländische Investitionen anzulocken, waren niedrige Löhne für ArbeiterInnen im Land.

Die Bilanz nach 20 Jahren zeigt, dass Mexiko enorme ökonomische und soziale Kosten zu tragen hatte. In all diesen Jahren hat das Land den großen transnationalen Unternehmen billige Arbeitskraft, Steuervorteile, Infrastruktur und Bodenschätze angeboten. Darüber hinaus hat sich Mexiko in einen sicheren Markt für nordamerikanische Produkte und in einen Rohstofflieferanten mit günstigen Preisen für die USA verwandelt. Da mehr als 80% der Exporte nach Nordamerika gingen und der eigene Binnenmarkt vernachlässigtwurde, wurde die mexikanische Wirtschaft zu großen Teilen vom nordamerikanischen Markt abhängig.

Gleichzeitig konnten die Arbeitsplätze, die durch die Maquilas – die Billiglohnfabriken geschaffen wurden, die verloren gegangenen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft nicht kompensieren. Außerdem hat die Unterbeschäftigung und die Erwerbslosigkeit zugenommen, die Kaufkraft, auf Grund der Kürzung des Mindestlohns, um 75% abgenommen ebenso wie die Reichweite und Qualität des öffentlichen Dienstes . Auf Grund fehlender Möglichkeiten im Land ist die Migration zu einem Ventil geworden.

Die geringen Ergebnisse des NAFTA werden dem Fehlen von „Strukturreformen“, die Investitionen begünstigen sollen, zugeschrieben, weshalb die aktuelle Regierung von Peña Nieto diese Reformen zu ihrem Hauptanliegen gemacht hat. Jedoch erreichte keine dieser Reformen die versprochenen Ergebnisse. Tatsächlich wurden die Reformen entworfen, um die Interessen der transnationalen Unternehmen zu bedienen. Sie haben dazu beigetragen, die Bodenschätze auszubeuten und die ArbeiterInnen – und die ganze Bevölkerung – ihrer Arbeitsplätze, Löhne, Renten, Zusatzleistungen und Ansprüche zu berauben.

Die zentralen Probleme des Landes

Gegenwärtig wird das Land von einer ehrgeizigen Oligarchie regiert. Sie ist Partnerin der transnationalen Unternehmen und der ausländischen Finanzen, die sich auf Kosten der öffentlichen Mittel und der Mehrheit der MexikanerInnen bereichern. Ein großer Teil der Probleme im Land – die Bildungs- und Ernährungsarmut, die schlechte Verwaltung der öffentlichen Mittel, der schlimme Zustand der öffentlichen Infrastruktur, die Verringerung der Investitionen und die Wachstumsschwierigkeiten, die Verwicklung der politischen Klasse in illegale Aktivitäten, das alarmierende Niveau der Gewalt und der Straffreiheit – haben ihren Ursprung in der Korruption. Gleichzeitig herrscht angesichts dieser Probleme nicht nur eine technische Unfähigkeit, sondern es fehlt auch der politische Wille diese anzugehen.

Das Land ist mit großen ökonomischen Problemen konfrontiert. Jedoch betrafen die Kürzungen im Haushalt diesen Jahres weder die Millionen-Zuwendungen, die die politischen Parteien erhalten, noch die exorbitanten Löhne der Abgeordneten, sondern vor allem die Sozialausgaben und die Unterstützungsprogramme für die schwachen Bevölkerungsgruppen.

Und in diesem Kontext – hinzufügen müsste man noch die systematischen Menschenrechtsverletzungen, die kontinuierlichen Morde und das Verschwinden-Lassen unter Beteiligung von Teilen des Militärs und der Polizei, die permanenten sozialen Konflikte auf Grund der Bildungs- und Energiereformen, die zunehmende Kriminalisierung und Repression von sozialen Protesten, den Anstieg der Gewalt des organisierten Verbrechens und seine Verbindungen zum Staat –, wird Donald Trump Präsident der USA und führt eine Reihe von Maßnahmen durch, die Mexiko und die MexikanerInnen auf beiden Seiten der Grenze treffen.

Zeichen der Hoffnung

Die Ausführungen zeigen, dass es in Mexiko große strukturelle Probleme gibt, die einen tiefgreifenden Wandel benötigen. Man kann sich der Verantwortung nicht mit dem Verweis auf externe Ursachen entziehen, wenn die größte Notwendigkeit für einen Wandel im Land selbst liegt. Im ganzen Land nehmen die Proteste zu, die das ökonomische und politische Modell ablehnen, das dieses Desaster verursacht hat. Aber es stimmt auch, dass die Empörung über den Protest hinausgehen muss. Es ist notwendig, Räume des Dialogs zu schaffen sowie Absprachen, die die verschiedenen Formen und Traditionen des Widerstands und des Kampfes der verschiedenen Gruppen und Gemeinschaften, die über das ganze Land verteilt existieren, einbeziehen.

Es mag naiv wirken, aber ich denke, dass die Konjunktur, die durch Trump gekommen ist, Hoffnung wecken kann, wenn wir sie dazu nutzen, den Kurs des Landes zu ändern, damit wir uns aus der Abhängigkeit von den USA lösen können. Wir sollten anfangen, stattdessen unseren Blick gen Süden zu richten,an den lateinamerikanischen Prozessen teilzunehmen und die Allianzen mit anderen Ländern und Regionen der Welt zu stärken.

Dieser Prozess wird lange dauern und kompliziert sein, aber wir werden kein besseres Land haben, wenn wir nicht heute damit anfangen, es aufzubauen. Der Wandel für Mexiko wird durch uns geschehen und zwar nur – wie es die Zapatisten sagen – „von unten und links“.

Übersetzt von Philipp Geitzhaus

Der komplette Artikel findet sich auf www.itpol.de