Rezension: „Papst Franziskus, ein Mann seines Wortes“

„Papst Franziskus, ein Mann seines Wortes“ von Wim Wenders, ab 14.06.2018 im Kino.

Eine Rezension

Wim Wenders gelingt es, einen Werbefilm für die zentrale Botschaft des Evangeliums im 21. Jahrhundert zu machen mit dem Anspruch, „dass dies kein Film über den Papst, sondern einer mit ihm ist, der Kinosaal folglich zum Verkündigungsort seiner Gedanken und Worte wird.“

Wim Wenders Hommage an diesen Papst, der als erster in der Geschichte den Heiligen Franz von Assisi zum Referenzpunkt seines Pontifikats macht, besticht durch seine ästhetische Komposition. Ohne kitschig zu werden, rühren die kunstvoll durchkomponierten Szenen ins Herz. Mit großer Treffsicherheit stellt Wenders eine große Gabe dieses Papstes heraus: er findet einfache Worte für die Wahrheit und entschleiert so die Wirklichkeit. Was gar nicht intellektuell daher kommt, entpuppt sich als radikale Kritik an der bestehenden Weltunordnung wie „diese Wirtschaft tötet“ oder „Globalisierung der Gleichgültigkeit“.

Wim Wenders bleibt ganz nah am Papst durch Interviews und Filmsequenzen, die ihn an Stationen überall dort in der Welt dokumentieren, wo es „brennt“. In chronologischer Reihenfolge zeichnet Wenders nach, in welcher Radikalität und Entschlossenheit dieser Papst die zentralen Probleme unserer Zeit, aber auch der Kirche als Institution mit aller ihm zur Verfügung stehenden Autorität und Popularität skandalisiert. Innerhalb seiner kurzen Amtszeit seit 2013 stürmt er durch alle Bruchstellen kapitalistischer Globalisierung im Neoliberalismus inklusive seines eigenen „Ladens“, in Szene gesetzt durch das Papamobil, das Franziskus dynamisch von Ort zu Ort zu bringen scheint.

Eine arme Kirche für die Armen bringe uns wieder an den Kern des Evangeliums. Alle Verhältnisse, die die Menschenwürde verletzen, geraten in seinen Fokus, seien es Gefangene, Flüchtlinge oder sexuell missbrauchte Kinder. Dieser Papst stellt sich allen kritischen Fragen auch in seiner Kirche.

Und so beginnt auch der Reigen mit einer sehr subtilen Kritik am Klerus und seiner verkrusteten Strukturen – ein langer Kamerablick schweift über das versammelte Episkopat. Jede Zuschauerin versteht sofort die Botschaft, dass hier keine Perspektive für die Zukunft wartet, aber auch dass Papst Franziskus mächtige Feinde hat. Er prangert die Zerstörung der Natur an, den ungebremsten Waffenhandel in der USA. Doch aus feministischer Perspektive können wir allerdings nicht viel von ihm erwarten, tatsächlich sein schwächster Punkt.

Kann man dem Regisseur vorwerfen, dass er in der Anklage verharrt? Politisch verantwortliche und interessensgeleitete Subjekte oder gar „sündige“ Strukturen werden nicht benannt. Eine Geißelung bürgerlicher Exitstrategien und ihres Versagens angesichts der tagtäglich stattfindenden Katastrophen unterbleibt. Nach Utopien, wie die kapitalistischen Verwerfungen zu überwinden seien, sucht man vergeblich. Es muss hier auch gesagt werden, dass der Papst weitaus politischer agiert und sich viel konkreter in Konflikte einmischt, als es im Film deutlich wird. Dies ist nicht Gegenstand der Inszenierung. Dennoch: sehenswert!