G-20 wirft seine Schatten voraus: Kirche auf Seiten der Polizei und der staatlichen Ordnung

Vom 07.-08. Juli im nächsten Jahr werden sich die Regierungschefs der G-20 Gruppe in Hamburg treffen. Viele Bewegungen, Nichtergierungsorganisationen und Hilfswerke haben jetzt schon ganz unterschiedliche Protestformen und Gegenveranstaltungen angekündigt.

Damit alles glatt geht, hat das Verfassungsgericht schon mal vorsorglich den blockupy-Kessel im Jahre 2013 für rechtens erklärt: „Zwar konnten dem Demonstranten keine Straftaten nachgewiesen werden, er (der Kläger) habe sich aber schon durch die Anwesenheit in den eingekesselten Demo-Blöcken verdächtig gemacht.“ Damit auch sonst alles gut geht, stehen 25 katholische und evangelische Seelsorger  zur Verfügung: auf Seiten der Polizei. Das hat bei attac eine kleine Diskussion ausgelöst, die Werner Rätz hier für uns kommentiert.

Kirche auf Seiten der Polizei und der staatlichen Ordnung

Werner Rätz

Am 5. Dezember 2016 hatte die Junge Welt berichtet, dass 25 evangelische und katholische Pfarrer als Polizeiseelsorger zur Verfügung stehen werden, wenn in Hamburg im Juli 2017 der G 20-Gipfel und die entsprechenden Proteste stattfinden werden. Sie sehen sich, so betonen Sprecher der Gottesmänner, keineswegs als Vermittler zwischen Polizei und Protestierenden, sondern parteiisch auf Seiten der staatlichen Ordnung. Die müsse schließlich sein, sonst werde das nichts mit der Gesellschaft, hatte es evangelischerseits schon im Sommer geheißen.

Innerhalb von Attac hatte es vereinzelt Kritik an dem Bericht der jw gegeben. Insbesondere folgender Satz mit dem indirekten Zitat eines evangelischen Pfarrers stieß auf Unverständnis: „Wenn Beamte angepöbelt würden, dann habe er keinen Grund, mit den Demonstranten zu reden, seine Gemeinde seien dann die Einsatzkräfte.“ Der Attac-Kritiker schrieb dazu: „Was soll denn damit angedeutet werden? Dass wir die Polizisten, denen ihr Einsatz befohlen wird, als Ersatz für die Politiker nehmen, an die wir nicht herankommen mit unserem berechtigten Protest? Haben jene, die das so geschrieben haben, vor, Polizisten anzupöbeln oder Ähnliches und fühlen sie sich in ihren Rechten verletzt, wenn sie das nicht tun dürfen bzw. dann zu hören bekommen, dass die Kirchenvertreter dann nicht auf ihrer Seite stehen? Es ist doch reichlich Stoff vorhanden, den man den Kirchen vorwerfen kann, aber nicht diesen.“

Quelle: Flickr (cc-by-sa)
Quelle: Flickr (cc-by-sa)

Dieser Kritik kann ich wirklich beim allerbesten Willen nicht folgen. Die Kirchenleute lassen jedes Verständnis dafür vermissen, was in Hamburg bezüglich Repression, (Menschen-) Rechtsverletzung und systematischer Zerstörung öffentlicher Räume geschieht. Stadt und Land planen gezielt einen Ausnahmezustand, zwingen die halbe Innenstadt und ihre BewohnerInnen in lagerähnliche Zustände und die Kirche hat nichts Besseres zu tun, als sich um einen Polizisten zu sorgen, der vielleicht angepöbelt werden könnte. Das ist nicht nur einseitig, das ist widerlich!

Die Kritik an dem Satz missversteht völlig das Geschehen. Niemand sagt, dass er Polizisten anpöbeln wolle, sondern der Pfarrer sagt, dass er schon dann, wenn ein Polizist auch nur angepöbelt werde, nicht mehr mit Demonstranten reden werde. Würde er sagen, wenn da Beamte tatsächlich verletzt würden, dann müsse er sich zuerst um die kümmern, mit den Demonstranten könne er dann erst später reden, könnte man das als eine Beschreibung seiner Einsatzsituation irgendwie noch verstehen. Auch das tue ich nicht wirklich, weil ich nicht verstehe, warum sich der auf deren Seite einsetzen lässt, so wie ich nicht verstehe, warum die Paffen das im Krieg getan haben und noch tun. So aber ist das eine regelrechte Herstellung, eine geradezu bösartige Konstruktion einer Situation mit zwei absolut feindlichen Lagern durch einen Mann, der sich für Kirche hält, und doch nichts anderes als ein übler Hetzer ist.

Das alles mag manchen als ein relativ belangloses Nebenfeld erscheinen und wäre es wohl auch, wenn es nicht symptomatisch wäre für das Klima, in dem wir uns in Hamburg im Juli werden bewegen müssen. Wenn selbst die Kirche sich schon vorher auf die binäre Logik des „Hier wir, da die“ nicht nur einlässt, sondern sie sogar propagiert, dann wird es um ein Verständnis demokratischer Rechte schlimm stehen.

mal auf der anderen Seite: Geht doch!
mal auf der anderen Seite: Geht doch!

Denn selbst wenn man akzeptieren würde, dass Kirche auf der Seite der Polizei präsent sein will, weil ja staatliche Ordnungsmacht auch in einer Demokratie sein müsse, dann wäre es mit nichts zu rechtfertigen, dass sie nicht auch auf Seiten der DemonstrantInnen präsent und solidarisch sein müsste, weil ja schließlich auch Protest in einer Demokratie absolut unverzichtbar ist. Und dass dann Beteiligte aller Seiten, OrdnungshüterInnen, DemonstrantInnen wie PfarrerInnen auch sündhaft agieren könnten, also andere in ihren Rechten verletzen und beschneiden, darauf weist die Junge Welt völlig zu Recht hin.