Archiv der Kategorie: International

Europäisches Grenzregime: Aufruf zu einer gemeinsamen subversiven Praxis

Vortrag am Freitag, 19. Januar 2024, 18.30 Uhr

Bundeshaus, Bundesstrasse 13, 6005 Luzern

Die Brutalisierung an den Außengrenzen Europas und die gewaltförmigen Asylrechtsverschärfungen im Innern machen eine Praxis zur Durchsetzung von Bewegungsfreiheit und die Einhaltung fundamentaler Menschenrechte für Geflüchtete immer schwerer. Wie kann in dieser Situation der Schwäche der antirassistischen Bewegungen und der kirchlichen Akteur:innen Solidarität möglich werden? Wie können wir allen Rückschlägen in den letzten Jahren zum Trotz subversive Praktiken über Grenzen hinweg und wenn nötig auch jenseits des Legalen entwickeln, die nach den Lücken in den tödlichen Stacheldrahtzäunen suchen? Wie können wir in der gegenwärtigen Situation im Blick auf Migration und die damit verbundenen Kämpfe eine Perspektive gewinnen, die an der Möglichkeit eines guten Lebens für alle festhält?

Referent:innen des Vortrags sind die beiden Theolog:innen Benedikt Kern und Julia Lis vom Institut für Theologie und Politik in Münster (BRD). Sie arbeiten politisch-theologisch unter anderem an den Fragen von Migration und Solidarität und sind aktiv im Konfliktfeld Kirchenasyl.

Weitere Informationen gibt es hier.

Plakate gegen das Vergessen: Diktatur und Widerstand – Solidarität mit Chile 1973-1990

Ausstellung in der Frauenstraße 24 in Münster

14.08.-13.10.2023

Am 11. September 1973 putschte das Militär in Chile gegen die drei Jahre zuvor demokratisch gewählte Regierung der Unidad Popular (UP), einem Bündnis linker Parteien unter Führung des Sozialisten Salvador Allende – ein Ereignis, das Wunden schlug, die bis heute nicht verheilt sind. Mit der Plakatausstellung „Plakate gegen das Vergessen. Diktatur und Widerstand – Solidarität mit Chile 1973 – 1990“ möchten wir an dieses Ereignis erinnern, das vor 50 Jahren die ganze Welt erschütterte. Plakate gegen das Vergessen: Diktatur und Widerstand – Solidarität mit Chile 1973-1990 weiterlesen

„Frieden gibt es nicht auf dem Weg der Sicherheit“ (D. Bonhoeffer)

Wie der globale Süden den Krieg sieht und warum die Militarisierung der Politik keine Lösung ist

Podium aus Anlass des evangelischen Kirchentages in Nürnberg mit Rita Segato (Argentinien), Sandiswa Lerato Kobe (Südafrika), Michael Ramminger (ITP)

Freitag, 9. Juni 2023 um 19 Uhr

Angesichts des Krieges in der Ukraine hat Bundeskanzler Scholz von der Notwendigkeit einer „Zeitenwende“ gesprochen. Wir sehen darin eine Abkehr von einem friedenspolitischen Denken, dass Kriege als Mittel der Politik ablehnt und für zivile Möglichkeiten der Konfliktlösung eintritt.

In der Selbstdarstellung der westlichen Staaten als Verteidiger*innen der Menschenrechte erkennen wir auch eine Verschleierung der geostrategischen Interessen, die durchgesetzt werden wollen. Wir sind der festen Überzeugung, dass auf dem Wege der militärischen Verteidigung nationaler Interessen keine friedliche und gerechte Weltordnung zu erreichen ist, sondern diese nur durch internationale Dialogbemühungen, Demilitarisierung und grundlegende Veränderungen der ungerechten globalen Wirtschaftsordnung erreicht werden kann.

Daher wollen wir anlässlich des Kirchentages in Nürnberg mit Vertreter*innen aus dem globalen Süden darüber diskutieren, was heute Voraussetzungen einer gerechten und friedlichen Weltordnung wären. „Frieden gibt es nicht auf dem Weg der Sicherheit“ (D. Bonhoeffer) weiterlesen

Rundbrief 58 erschienen

Unser halbjährlicher Rundbrief ist erschienen. Die Artikel sind zu folgenden Themen: 1.) Eine politisch-theologische Kritik der Zeitenwende, 2.) ein Beitrag zu globalen Perspektiven auf die gegenwärtige Weltordnung, 3.) eine Erinnerung an 50 Jahre Putsch in Chile und die christliche Solidaritätsbewegung und 4.) eine bildungstheoretische Reflexion über die Deformation der Subjekte im digitalen Neoliberalismus.

Download hier: Rundbrief 58

Der Rundbrief kann auch in größerer Anzahl bei uns in der Print-Version kostenlos bestellt werden. Wer unseren Rundbrief noch nicht im Abo zugeschickt bekommt, kann uns gerne die Anschrift per Mail mitteilen.

Wir freuen uns über eine kritisch-interessierte LeserInnenschaft.

Casa Común: für eine prophetische Ökumene von unten!

Eine Ökumene von unten, die entschieden global für Frieden, den Schutz der Schöpfung und Gerechtigkeit eintritt, ist in dieser Zeiten wieder drängender denn je. Deshalb wird es aus Anlass der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), die erstmalig in Karlsruhe stattfinden wird, eine Casa Común geben: Ein gemeinsames Haus der Basisökumene in Karlsruhe vom 1. bis 7. September 2022. Dort soll anhand von Themenbereichen wie Feminismus, Migration, Klimagerechtigkeit, Ökonomie und Digitalisierung, Globalisierungskritik und Kirchenreform die Perspektive auf soziale Kämpfe weltweit gelenkt und diskutiert werden, wie eine Basisökumene diese unterstützen kann.

Das Programm ist sehr umfangreich und wir möchten hiermit gerne dazu einladen, nach Karlsruhe zu kommen und sich zu beteiligen. Infos zum Programm und zur Teilnahme gibt es auf der Homepage der Casa Común.

Wir möchten schon vorab auf ein paar Veranstaltungen aufmerksam machen, an denen das ITP beteiligt sein wird:

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Chile #apruebo

Am 4. September 2022 stimmt Chile über eine neue Verfassung ab. Das ITP wird diesen Prozess aufmerksam begleiten

Beitrag von Barbara Imholz (ITP)

Mit Spannung blicken wir nach Chile, wo am 4. September 2022 die Abstimmung über die neue Verfassung stattfinden wird. Warum ist eine Verfassung für einen Politik- und Systemwechsel in Chile wichtig? Ein einmaliger Vorgang und ein cleverer Schachzug der Chicago Boys nach dem Militärputsch 1973 war es, ein neoliberales Wirtschaftssystem bis in die kleinsten sozialen Verästelungen in das politische System einzuschreiben. Es ist darin festgelegt, dass alle Güter wie Bildung, Gesundheit und Altersversorgung, aber auch Wasser- und Stromversorgung qua Verfassung „privat“ organisiert sind. D.h. es gibt kaum politische und soziale Spielräume für Reformen oder gar einschneidende Veränderungen. Eine zentrale Forderung, für die schon 2011 die sogenannten „Pinguine“, die Schüler*innenbewegung, auf die Straße gegangen sind, war: einen sozial gerechten Zugang zu Bildung, sprich zum Schul- oder Universitätsbesuch zu bekommen. Wundert es, dass ein großer Teil der heutigen Aktivist*innen aus dieser Bewegung kommen? Bis hin zum neu gewählten und bis dato jüngsten Präsidenten der chilenischen Geschichte, Gabriel Boric, der zusammen mit Camila Vallejo, beide Mitglieder der Kommunistischen Jugend, zu Gesichtern dieser Schüler*innenbewegung wurden.Projektion auf eine Hauswand in Chile: Wir werden nicht zur Normalität zurückkehren, weil die Normalität das Problem war!

Erinnern wir uns: Vorangegangen war 2019 eine Revolte auf der Straße und auf den Plätzen, „Chile despertó“ (Chile ist aufgewacht) ausgelöst durch eine Metropreiserhöhung, gegen das seit 1973 herrschende Pinochet System, seit 1990 im neoliberalen Gewand. Der damalige Präsident Piñera konnte es letztlich nicht verhindern und musste einem Plebiszit, ob es eine neue Verfassung – die zentrale Forderung der Bewegung – geben soll oder nicht, zustimmen. Die Abstimmungsergebnisse waren überwältigend. Die daraufhin folgende demokratische Entscheidung, wer diese Verfassung erarbeiten soll, geschah parallel zur Parlamentswahl 2021, zum sogenannten Verfassungskonvent und stellte eine allgemeine Überraschung dar, weil erstens die Abstimmungsbeteiligung im Gegensatz zur Parlamentswahl sehr hoch war und zum anderen, weil unbekannte Gruppierungen der sozialen Bewegungen den klassischen politischen Vertreter*innen vorgezogen wurden. Seit 2021 arbeitet nun dieser Konvent auf Hochtouren, um sein Ergebnis am 4. September 2022 zur Abstimmung stellen zu können. Chile #apruebo weiterlesen

Brot und Gesetze brechen

Christlicher Antimilitarismus. Wie kann der Krieg beendet werden?

Vortrag und Diskussion mit Jakob Frühmann und Cristina Yurena Zerr, Autor*innen des Buches Brot und Gesetze brechen (Wien 2021).

Mittwoch, 11. Mai 2022

19:00 Uhr, Pfarrheim Überwasser, Katthagen 2, Münster

Besetzung eines Bunkers auf dem Militärstützpunkt Büchel.

Krieg ist wieder ein Mittel geworden, um eine Neuordnung der Welt voranzutreiben: Militärausgaben sind global exorbitant und die nukleare Aufrüstung erreicht neue Dimensionen – nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine.

Umso wichtiger ist es, einen Animilitarismus sichtbar zu machen und einige jener zu porträtieren und zu Wort kommen zu lassen, die seit
Jahren konsequent für Abrüstung eintreten: Ordensschwestern, Großmütter, Priester oder Postangestellte brechen in Militärbasen ein, um gegen dort stationierte Atombomben zu protestieren. Die Pflugscharbewegung wurde zum Symbol radikaler Praxis von antimilitaristischen Christ*innen. So etwa im deutschen Büchel, wo US-Atomwaffen gelagert werden, oder in Kings Bay (USA), einer Basis für U-Boote mit nuklearen Sprengköpfen. An beiden Orten fanden 2018 Einbrüche statt, um mittels zivilem Ungehorsam gegen die Gewalt und Autorität des Staates Widerstand zu leisten – die Konsequenz waren Prozesse und mehrjährige Haftstrafen.

Jakob Frühmann und Cristina Yurena Zerr aus Wien haben 2021 das Buch Brot und Gesetze brechen veröffentlicht, das die bemerkenswerten Plädoyers der angeklagten Aktivist*innen wiedergibt und die Frage von Abrüstung von unten, die Geschichte christlich-antimilitaristischen Widerstands und blinde Flecken in linken Bewegungen thematisiert. Es liefert in Zeiten zunehmender Aufrüstung Impulse für eine neue Friedensbewegung fernab bürgerlicher Religiosität – und für jene, die in Distanz zum Christlichen stehen, überraschende, motivierende Zugänge.

Die beiden Autor*innen stellen diese antimilitaristische Praxis vor. Die wir auf dem Hintergrund der gegenwärtigen Kriegssituation kommentieren und diskutieren möchten.

Es handelt sich um eine Kooperationsveranstaltung vom Institut für Theologie und Politik und Pax Christi Münster.

Veranstaltungsort: Pfarrheim Überwasser, Katthagen 2, Münster

(Bushaltestelle Kuhviertel, Parkplätze auf dem Schlossplatz mit 200 m Fußweg)

Hearings Sozialer Bewegungen vor der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen

Bei der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) werden im September 2022 in Karlsruhe Delegierte und internationale Gäste unter dem Thema „Die Liebe Christi bewegt die Welt zu Versöhnung und Einheit“ zusammenkommen. Angesichts des Zustands der Welt und auch der Kirchen werden wir mit anderen Basisinitiativen diese Gelegenheit nutzen, unser Verständnis von Frieden und Gerechtigkeit an dieses Treffen heranzutragen. Hierfür soll es das basis-ökumenische Zentrum Casa Común in Karlsruhe geben.
Aus unserer Sicht erscheint es sehr wichtig, Gespräch mit den sozialen Bewegungen weltweit zu suchen, die schon lange an diversen gesellschaftlichen Problemkonstellationen mit großer Ernsthaftigkeit und Dissidenz zu den herrschenden Verhältnissen arbeiten, und von denen sich die meisten großkirchlichen Akteure schon längst verabschiedet haben. Auch wenn Papst Franziskus im Oktober noch zu einem Welttreffen der Sozialen Bewegungen eingeladen hatte, an dem wir vom ITP ebenfalls teilgenommen haben.
Mit Blick auf die Vollversammlung des ÖRK und die Casa Común möchten wir zwischen März und Juni 2022 neben anderen Aktionen, Veranstaltungen und Kampagnen drei Hearings mit VertreterInnen solcher sozialen Bewegungen organisieren.
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Theologie der Befreiung: Geschichte eines Konfliktes

50 Jahre ist es her, dass Gustavo Gutiérrez das für die lateinamerikanische Befreiungstheologie richtungsweisende Buch „Theologie der Befreiung“ veröffentlicht hat.

Dies war zwar keinesfalls die Entstehung der Befreiungstheologie, doch seit dem gibt es eine Auseinandersetzung um die „harte“ und „weiche“ Rezeption dieser Theologie, die auf die Umwälzung der Verhältnisse ausgerichtet ist. Bis heute gibt es ein Ringen um ein befreiendes Christentum, um seine Verwässerung und seinen Relevanzverlust. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, in unserer international besetzten Online-Veranstaltung zu fragen, woher kam die Befreiungstheologie, was macht(e) sie aus und welche Wirkungsgeschichte hat sie bis heute und welche Konflikte um die Rezeption ergeben sich daraus?

Mit: Alberto Moreira (Brasilien), Maria Klemm (Schweiz), Pilar Puertas (Mexiko, ITP), Michael Ramminger (ITP), Hernan Leemrijse (Chile).

Alberto Moreira hat folgende Powerpointpräsentation zur Verfügung gestellt: Zur Geschichte der lateinamerikanischen Befreiungstheologie_Alberto Moreira

Mittwoch, 1. Dezember 2021 um 19.00-21.00 Uhr

Zum Tod von Luisa Toledo

Man muss kämpfend sterben, was ist sonst der Sinn…? Was ist der Sinn, sich darauf einzulassen, wenn man auf halbem Wege stehen bleibt…?“

Luisa Toledo, ein Symbol des Kampfes gegen die Militärdiktatur, starb am 6. Juli 2021 in Santiago, Chile. Nach dem Putsch von 1973 begann Luisa für das Komitee zur Förderung der Zusammenarbeit für den Frieden zu arbeiten, dem Vorgänger des Vikariats der Solidarität und besser bekannt als das Pro-Friedenskomitee, das 1974 von den chilenischen Kirchen gegründet wurde, um den Opfern der Diktatur zu helfen. Als Sekretärin eines Anwaltes des Komitees transkribierte sie Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Chile.

Foto von Gerardo Magallón (desInformémonos)

Luisa und ihre Familie gehörten zur Gemeinde Cristo Liberador in Villa Francia, wo sie mit emblematischen Priestern im Kampf gegen die Militärdiktatur zusammenkamen, wie Mariano Puga, Roberto Bolton, Pierre Dubois und Alfonso Baeza. Die Gemeinde wurde in den ersten Jahren der Diktatur eine religiöse, soziale und politische Zuflucht.

Am 29. März 1985 wurden ihre Söhne Eduardo und Rafael, 20 und 18 Jahre alt, von Carabineros getötet. Seitdem und bis heute wird jedes Jahr am 29. März der „Tag des jungen Kämpfers“ im Land mit Protesten und Demonstrationen begangen.

Dreieinhalb Jahre später, am 5. November 1988, wurden ihr Sohn Pablo und Araceli Romo in Cerro Mariposas, in Temuco, durch eine Bombenexplosion tot aufgefunden. Luisa und ihr Mann Manuel Vergara wurden zu einer der Stimmen des Widerstandes gegen die Repression der Militärdiktatur. Zum Tod von Luisa Toledo weiterlesen